Wien. (red) Überflutete Straßen, Blitze im Minutentakt, Regen wie aus Kübeln. In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag hätte sich Wien genausogut in einem tropischen Regenwald befinden können. Gewitter dieser Art häuften sich in den vergangenen Jahren, der Zeitpunkt war jedoch neu. "Was wir in dieser Nacht erlebt haben, war für diese Jahreszeit sehr außergewöhnlich", sagt Steffen Dietz, Meteorologe von Ubimet. Vor allem im Wienerwald habe es über mehrere Stunden hinweg immer wieder Neubildungen von Gewittern gegeben. Da seien Mengen zusammengekommen, die schon fast den Monatsmittelwerten entsprechen.
Überrascht ist der Meteorologe jedoch nicht. "Wir befinden uns im Klimawandel. Es ist eindeutig, dass die Temperaturen zunehmen", sagt er und verweist auf den April. "Der Monat war mit Plus fünf Grad Abweichung der wärmste April seit mindestens 200 Jahren." Und die warmen Temperaturen haben auch Auswirkungen auf die Gewitter. "Je wärmer es ist, desto mehr Energie enthält die Luft, desto eher können sich Gewitter entladen. Und je wärmer die Luft ist, desto mehr Wasser kann sie auch aufnehmen", erklärt Dietz.
Berechnungen der Klimaforscher zeigen, dass Gewitter in unseren Breiten häufiger vorkommen und kräftiger ausfallen. So wie in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag. Das Blitzortungssystem Aldis registrierte 18.824 Blitze über Österreich (Wolke-Wolke- und Wolke-Erde-Blitze), fast alle in der Osthälfte des Landes. 6212 Mal schlug dabei ein Blitz im Boden ein (Wolke-Erde-Blitz). In der Messgeschichte von Aldis seit 1992 gab es in diesem Zeitraum nur im Jahr 2000 mit 14.693 mehr Blitzeinschläge.
Betrachtet man die Blitzeinschläge (Wolke-Erde-Blitze) für die einzelnen Bundesländer, bestätigt sich, dass es vor allem in Niederösterreich und Wien eine ungewöhnliche Blitznacht war: In den vergangenen fünf Jahren gab es hier selbst im Hochsommer kaum einen Tag mit so vielen Blitzen. In Niederösterreich schlug in der vergangenen Nacht 4528 Mal der Blitz ein. Diese extrem hohe Zahl innerhalb von 24 Stunden wurde in den vergangenen fünf Jahren nur 2014 (5090 Einschläge an einem Tag) übertroffen. In Wien registrierte Aldis 446 Blitzeinschläge. Das ist mit Abstand der höchste Wert der vergangenen fünf Jahre.
Ein mutmaßlicher Tornado wurde von Georg Pistotnik, Meteorologe und Tornado-Experte bei der ZAMG, beobachtet. "Von der Struktur her sah es aus wie ein Tornado, das müsste im Bereich Wilhelminenberg/Hernals gewesen sein. Ungewöhnlich ist allerdings, dass es danach keinerlei Schadensmeldungen gegeben hat. Es könnte sich somit um einen Tornado gehandelt haben, der keinen Bodenkontakt hatte."
Am Freitag können sich vor allem im Süden Österreichs noch Gewitter bilden. Am Wochenende beruhigt sich die Wetterlage und Gewitter gibt es höchstens ganz vereinzelt.