
Wien. Mit den Stimmen von Union und FDP stimmte der deutsche Bundestag am Freitag der Einführung eines besonderen Leistungsschutzrechts zu. Danach dürfen Internet-Suchmaschinen wie Google nur noch einzelne Wörter oder kleinste Textteile ("Snippets") von Presseerzeugnissen unentgeltlich anzeigen. Für eine weitergehende systematische Nutzung wird eine Gebühr an die Verlage fällig. Aus Sicht der Branche wird mit dem Gesetz ein wesentlicher Schritt zum Schutz von Verlegern und Journalisten getan.
Über das Leistungsschutzrecht war jahrelang gestritten worden. So beschäftigte sich der Bundestag in insgesamt drei Expertenanhörungen mit dem Thema. Das Gesetz lässt allerdings offen, wie lang "kleinste Textteile" sind. Die Opposition kritisierte, die Koalition überlasse es den Gerichten, diese Frage zu klären. Den Suchmaschinen-Betreibern soll es über diese "Schnipsel" möglich sein, Zeitungsartikel kostenlos anzureißen. Dies ist etwa beim Dienst Google News der Fall, von wo Nutzer zu den eigentlichen Nachrichtenseiten weitergeleitet werden.
Auch VÖZ will Anteil am Kuchen
VÖZ-Geschäftsführer Gerald Grünberger bezeichnete das im deutschen Bundestag beschlossene Leistungsschutzrecht als beispielgebend für Österreich: "Auch wenn die Änderungen am Gesetz quasi in letzter Minute nicht zur Rechtssicherheit beitragen werden, wird mit dem heutigen Beschluss des Leistungsschutzrechtes in Deutschland ein wichtiger Beitrag zum Schutz journalistischer Inhalte im Web gesetzt. Österreich kann aus der deutschen Leistungsschutzrecht-Debatte lernen, muss aber nun zügig handeln."
Dass dieses Thema auch in Österreich hohe Wellen schlägt, wurde bei einer Podiumsdiskussion am Donnerstagabend in Wien deutlich. Während der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) eine faire Entlohnung der Nutzung von Zeitungsinhalten durch Suchmaschinenanbieter wie Google fordert, will das US-Unternehmern "Kooperation".
Konkret bezeichnete Anton Aschwanden, Google Policy Manager für Österreich und die Schweiz, das Leistungsschutzrecht als "Bedrohung des offenen Internet", auch weil aus seiner Sicht Lexika oder Blogger für Verlinkungen zur Kasse gebeten werden könnten. Ähnlich argumentierte Kommunikationswissenschafter Fritz Hausjell. Jahrelang hätten Verleger von Suchmaschinen profitiert: "Warum kommt die Forderung des VÖZ nach einem Leistungsschutzrecht jetzt?"
Laut VÖZ-Geschäftsführer Grünberger geht es um die Frage, ob "Content auch in Zukunft etwas wert ist oder nicht". Dadurch, dass die Werbeeinnahmen deutlich zurückgegangen sind und der Onlinebereich schwierig zu monetarisieren sei, müsste die Nutzung der Inhalte entsprechend abgegolten werden. Blogger und private Nutzer sieht er nicht betroffen.
"Die Verlage verdammen Google nicht", verwies Grünberger auf Verdienste des Suchmaschinenanbieters, der die "Bürger ins Netz" führe. Aber: "Wenn Dritte gewerbsmäßig Inhalte nutzen, muss ein entsprechender Anteil abgeführt werden." Vom in Frankreich erzielten "Gentlemen's Agreement" zwischen Google und den Verlegern (der US-Konzern zahlt 60 Mio. Euro in einen Fonds zur Unterstützung von Onlineinitiativen der Verlage ein) hält der VÖZ-Geschäftsführer nichts. "Das sind für Google ja doch nur Peanuts. Wir wollen Rechtssicherheit in diesem Zusammenhang, was auch im Interesse von Google und den Nutzern sein muss."
Genau diese Sicherheit sieht Anschwanden aber gefährdet. "Was ist ein gewerblicher Nutzer und was nicht?" Er verwies auf den "lange etablierten Standard 'robots.txt'", mit dem Webseitenanbieter bestimmen können, ob ihre Inhalte von Suchmaschinen erfasst werden sollen oder nicht. "Dieser wird aber bezeichnenderweise nicht verwendet. Das Leistungsschutzrecht greift tief in die Struktur des Internet ein." Snippets, also eine kurze Textvorschau bei Links, seien letztlich eine Hilfe zur Einordnung für die User.
Eine "unausgesprochene Kooperation zwischen Suchmaschinen und Verlagsprodukten", die für Contentanbieter auch Traffic bringt, bestritt Grünberger zwar nicht, forderte aber eine "Verteilung der Erlösströme". Aber auch seitens des VÖZ gab man zu, dass das Leistungsschutzrecht nur "eine Antwort" für künftige Einnahmen im Onlinebereich sein kann. An einem Entwurf für ein Leistungsschutzrecht in Österreich wird derzeit im Justizministerium gearbeitet.