Die Peruanerin Angie Condor Macuri hofft, dass sich die Lage für Frauen ändert. - © Javier Sauras
Die Peruanerin Angie Condor Macuri hofft, dass sich die Lage für Frauen ändert. - © Javier Sauras

Eva Göttert ist die Vorurteile gewohnt. Zum Beispiel vor ein paar Wochen, in der Kaffeepause einer Konferenz über die Programmiersprache Java. "Und was machst du?", wurde sie von zwei Männern gefragt: "Marketing?" Die 30-Jährige hat für solche Situationen schon eine Standardreaktion bereit. In ihren tiefen Schreibtischstuhl gelehnt, mit zwei großen Bildschirmen vor sich, stellt sie diese noch einmal nach. Der Kopf dreht zur Seite, ihr Lächeln soll die Gereiztheit wohl gar nicht verbergen: "Nein. Ich bin Entwicklerin." Und dann passiere oft das Gleiche: Lockerer Smalltalk wandelt sich in eine kleine Peinlichkeit, die aber nicht an ihr liegt. "Dauert wohl noch", flüstert sie in ihrem ruhigen Büro, wo der Geräuschpegel vor allem aus Mausklicks und Tippen besteht, "bis sich das ändert."

Ein Blick über die Bildschirme vor ihren Augen scheint das zu bestätigen. Hier, in der Zentrale des Preisvergleichsportals Idealo in Berlin-Kreuzberg, werden die zum Erfolg des Unternehmens unabdingbaren Programmieraufgaben fast ausschließlich von Männern erledigt. Neben Eva Göttert ist nur eine weitere Frau als Entwicklerin angestellt, und damit liegt ihre Firma im Trend. Nicht einmal jede vierte IT-Arbeitskraft in Deutschland, ähnlich wie in anderen Industriestaaten, ist eine Frau. Bei vermeintlich fortschrittlichen Konzernen wie Google und Apple sind gar nur ein Fünftel der Beschäftigten weiblich. Das Bedenklichste daran: Während die Geschlechterungleichheit in den meisten Wirtschaftsbranchen über die letzten Jahre international nachließ, hat sie im IT-Sektor zugenommen.

Quoten bei Studienplätzen

So fragen sich nicht nur die wenigen Frauen im Geschäft: Was muss geschehen, damit eine der größten Wachstumsbranchen endlich modern wird? Lauter werdende Forderungen nach Wandel kommen aus vielen Ecken. "Ein Land kann sein Potenzial nur voll entfalten, wenn Frauen ihr Potenzial voll entfalten", sagt Facebook-Geschäftsführerin Sheryl Sandberg. Elke Holst, Gender-Ökonomin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, urteilt: "Gerade in der IT-Branche haben sich Strukturen und Klischees festgesetzt. Da muss sich eine Menge tun."

Der "Global Fund for Women" warnt: Wenn es vor allem Männer sind, die die Tools der Zukunft entwickeln, werden Frauen zu passiven Konsumentinnen degradiert, und womöglich noch als solche ignoriert. In Deutschland etwa hilft die Frauenquote seit 2013, den Anteil weiblicher Führungskräfte zu erhöhen. Nur greift die Regel bisher nur für rund 100 börsennotierte Unternehmen, sie bezieht sich auch auf keine bestimmten Branchen, in denen Frauen besonders benachteiligt sind.