Wien. Sie sind einer der größten Streitpunkte in der Computerspielszene: die sogenannten Lootboxen. Dabei handelt es sich um virtuelle Schatzkisten mit unbekanntem Inhalt, die man über Spielerfolge oder gegen Echtgeld erwerben kann. Die Inhalte der "Beutekisten" reichen von begehrten Ausrüstungsgegenständen für Spielfiguren bis zu wertlosem Digital-Krempel - je nachdem, wie viel Glück man hat. Bei Spielern besonders umstritten sind Lootboxen nach dem Prinzip "Pay2Win", also jene Kisten, durch deren Inhalt man ein Spiel gewinnen kann. Trotzdem setzen Hersteller vermehrt auf solche Glücksspielelemente, da sie mit In-Game-Käufen mittlerweile einen Großteil ihrer Umsätze machen.

Bleibt zu klären, ob Lootboxen noch Gaming oder schon Glücksspiel sind. Dieser Frage sind nun erstmals Forscher der Universität Graz nachgegangen. Ihr Fazit: "Das System erinnert stark an das eines konzessionspflichtigen Glücksspiels, das in Österreich genau geregelt und steuerpflichtig ist", analysieren Martin Sumper und Lily Zechner, Assistenten am Institut für Finanzrecht der Universität Graz. "Obwohl das österreichische Glücksspielgesetz Lootboxen nicht ausdrücklich nennt, fallen gewisse Ausformungen davon - rein rechtlich gesehen - darunter."

Ernüchternde Bilanz

In ihrer Publikation "Lootboxen (virtuelle Schatzkisten) in Online-Videospielen aus der Sicht des Glücksspielrechts" identifizieren die Experten drei Voraussetzungen, die eine Lootbox zum Glücksspiel machen: "Sie ist käuflich, ihr Inhalt ist innerhalb eines Games unter den Spielern übertragbar und er kann auf Online-Börsen gegen Echtgeld gehandelt werden", definiert Lily Zechner die umstrittene Variante.

"Sind diese Eigenschaften gegeben, stellen Lootboxen gegen Einsatz einen Gewinn in Aussicht, der vom Zufall abhängt. Sie erfüllen somit die rechtlichen Voraussetzungen für ein Glücksspiel." Dass man wie beim Hasardieren am Roulettetisch auch mit Lootboxen viel (Taschen-)Geld verpulvern kann, hat YouTuber ChrisMD bewiesen. Der Brite investierte bei "Fifa 18" rund 5700 Euro in zufällige Kartensets (Packs), um zu sehen, wie viele internationale Topspieler er dafür im "Ultimate Team Modus" bekommen würde. Die ernüchternde Bilanz: Superkicker wie Cristiano Ronaldo waren nicht dabei, ein Verkauf der erworbenen Inhalte brachte 880 Pfund ein.

"Don’t do packs, kids", warnt ChrisMD. Die Hersteller würden mit Topinhalten derart geizen, dass man ihrer auch bei hohen Einsätzen kaum habhaft werde. "Der hohe ,Wert‘ der seltenen virtuellen Güter wird auch durch die vom Videospielpublisher veranlasste Verknappung bewirkt", konstatieren die Grazer Forscher. "Die Verknappung in Kombination mit dem enormen Suchtpotenzial fordern den Handel unter Spielern geradezu heraus." Und so boomt der Verkauf von virtuellen Gütern, ob auf Online-Börsen der Videospielhersteller selbst oder denen von Drittanbietern.