Wien. Sie haben bei Eltern ja ohnehin schon keinen guten Ruf, diese Computerspiele. Eine Zeitvergeudung, Verdummungsprodukte seien sie, das Kind vom Lernen und echten Hobbys abhaltend, so die Vorurteile. Und nun, denkt sich wohl so mancher Elternteil, soll man dafür bezahlen, dass der Filius in dem Schmarrn Nachhilfestunden bekommt, um sein Englisch zu verbessern?

Genau auf diese Kombination setzt die App GoStudent. Sie bietet Nachhilfestunden im populären Spiel "Fortnite" an. Dabei wird durchgehend Englisch gesprochen, wodurch der Schüler seine Sprachkenntnisse erweitern soll. "Am Anfang ist die Skepsis bei den Eltern groß. Neue Serviceleistungen, die es vorher noch nie gegeben hat: Da ist vorerst immer die Ablehnung da", sagt Felix Ohswald, Gründer von GoStudent.

Groß geworden ist sein Unternehmen durch das herkömmliche Nachhilfegeschäft, das GoStudent in die virtuelle Welt verlagert hat. Das Prinzip: Der Schüler lädt sich die App runter; per Chat kann er Fragen, seien sie nun mathematischer, sprachlicher oder sonstiger Natur, stellen. Ein Tutor, vielfach ist er ein Lehramtsstudent, beantwortet sie gratis.

Das soll auch dazu verleiten, kostenpflichtige Nachhilfestunden, die per Videochat ablaufen, zu buchen. Sie kosten um die 20 Euro. Fast eine halbe Million Schüler verwendet den kostenlosen Dienst bereits. 1500 Schüler sind zahlende Kunden, sie buchen monatlich durchschnittlich sechs Stunden, so Ohswald.

Das Kerngeschäft ergänzt GoStudent nun mit Nachhilfestunden in Fortnite. "Wenn es etwas gibt, das alle Jugendliche gerne machen, dann ist das entweder Sport oder Computerspielen", sagt Ohswald. Und mittlerweile gebe es auch einen Wettkampf in den Klassen, wer der beste Spieler sei: "Wenn 80 Prozent das gleiche Videospiel spielen, möchte natürlich jeder darin gut sein und den anderen etwas zeigen können. Das ist wie im Fußballverein."

Anfragen von Schülern

Die Leidenschaft wird mit dem klassischen Nachhilfeunterricht kombiniert: "Beim Spielen wird nur auf Englisch gesprochen", so Ohswald. Das habe einen Vorteil gegenüber dem klassischen Englisch-Unterricht: "Da wird selten durchgehend geredet, nicht jeder Schüler kommt zu Wort, schon gar nicht eine Stunde."

Bei "normalen" Fächern würden die Anfragen für kostenpflichtige Stunden zumeist von den Eltern kommen. Bei Fortnite gehe die Initiative hingegen von den Schülern aus. Hier sehe man dann oft die Voreingenommenheit der Eltern, diese Skepsis habe es aber auch schon bei den herkömmlichen Fächern gegeben: "Die Eltern haben Online-Nachhilfe gelesen und nicht genau gewusst, was das eigentlich ist."

Das lege sich aber mit der Zeit, insbesondere dann, wenn die Eltern bei einer solchen Unterrichtsstunde zuschauen oder von ihren Kindern positive Rückmeldungen bekommen. "Letztlich sind sie dann froh, weil das Kind, das meistens eh schon Videospiele spielt, das mit einer pädagogisch sinnvollen Sache verbindet. Und das Kind freut sich, weil es sich weiterbilden kann und mit einem guten Spieler spielt."

Derzeit bieten zehn Tutoren in Fortnite ihre Dienste an. Bei ihnen handelt es sich laut Ohswald einerseits um talentierte Gamer, die den Schülern Tricks zeigen: "Wir sind aber keine Ausbildungsstätte für Profis. Dafür gibt es andere Anbieter." Anderseits müssten die Tutoren aber auch gut Englisch sprechen: Das werde auch in einer Probestunde vom Unternehmen überprüft.

Als Ergänzung gebucht

Derzeit würden zwischen 200 und 300 Fortnite-Nachhilfestunden monatlich gebucht werden, wobei diese meist als Ergänzung zur klassischen Englisch-Nachhilfe gesehen werden: "Der Schüler nimmt ein oder zwei Nachhilfestunden die Woche und jede fünfte Stunde findet in Fortnite statt."

Dass GoStudent künftig auch andere Spiele ins Repertoire aufnimmt, hält Ohswald für möglich: "Man darf nicht davor zurückschrecken, Videospiele mit Bildung zu verbinden."