Manuel Correia entwickelt Computer- und Virtual-Reality-Spiele. Im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" erklärt der 32-jährige Portugiese Fallstricke und Entwicklungen.

"Wiener Zeitung": Was ist das Schlimmste, das in VR passieren kann?

Manuel Correia: Das Schlimmste ist, dass du irgendetwas kaputthaust von dem du nicht gemerkt hast, dass es da ist: Es ist sehr leicht, so sehr in ein Spiel hineingezogen zu werden, dass du versehentlich den Monitor oder den Fernseher triffst. In Sachen Spielablauf würde ich sagen, dass einem immer noch schnell schlecht wird. Natürlich sind manche Leute empfindlicher als andere. Aber es werden immer neue Lösungen gefunden, dies zu minimieren. Trotzdem passiert es immer noch sehr häufig, besonders wenn man VR zum ersten Mal ausprobiert. Viele meiner Kollegen beschreiben ihre ersten Wochen in der Branche so: "Man musste immer einen Eimer in der Nähe haben."

Sie entwickeln auch Augmented-Reality-Spiele. Können Sie den Unterschied zu Virtual-Reality-Spielen erklären?

In virtueller Realität ist alles simuliert. Die Bewegungen der Köpfe der Spieler werden verfolgt und aufgezeichnet, ihre Blickwinkel und die Bewegungen ihrer Hände ebenfalls. Das wird dann in ein komplett virtuelles Setting integriert. Daher ist es leicht, darin zu versinken oder das Gefühl zu haben, an einen anderen Ort gebracht worden zu sein. Erweiterte Realität setzt sich hingegen letztlich aus 3D-Modellen zusammen, die über die echte Welt gelegt werden.

Das bedeutet?

In dem Fall verfolgt das Spiel, was um einen herum geschieht, und versucht herauszufinden: Wo sind Oberflächen? Wo sind die Möbel? Wir haben zum Beispiel eine Version des Spiels "Angry Birds" in Augmented Reality gemacht. Damit kann man mit dem Smartphone irgendwohin zeigen - auf einen Tisch in der Küche etwa, oder den Fußboden des Schlafzimmers - und dann dort einen Level in 3D einblenden. Es lässt sich damit dann auch herumgehen. Das Spiel ist in die echte Welt integriert. Was in meinen Augen für viel mehr Verwirrung gesorgt hat, ist der Ausdruck Mixed Reality: AR-Games zeigen das Spiel auf dem Bildschirm des Telefons und lassen dich letztlich alles durch die Kamera deines Telefons anschauen, auf dem dann zusätzlich etwas eingeblendet wird. Gemischte Realität hingegen setzt voraus, dass ein besonderes Equipment getragen wird - üblicherweise eine spezielle Brille. Sie zeigt dann die echte Welt, der 3D-Elemente hinzugefügt werden. Anstelle des Blicks durch die Smartphone-Kamera tritt also der Blick auf eine Art Vision, die in die echte Welt eingefügt wurde. Das kann sehr eindringlich sein, weil die Technik das eigene Blickfeld fast komplett abdeckt.

Ist das öffentlichkeitstauglich?

Es gibt momentan Versuche, die entsprechenden Geräte mehr wie normale Brillen aussehen zu lassen. Alles, was in der Öffentlichkeit getragen wird, wird automatisch unter Modegesichtspunkten betrachtet. Und momentan sehen diese Geräte sehr sperrig und albern aus. Sie sind noch nicht so weit entwickelt, dass sie so klein sind, dass sie kaum mehr zu bemerken sind. Aber es gibt einige Versuche in die Richtung, die schon recht überzeugend sind.

Wenn Sie etwas an der Spieleindustrie ändern könnten, was wäre es?

Ich mache mir über Lootboxen Sorgen. Ich mache mir auch Sorgen über die weitverbreitete Verwendung von Analyseverfahren und wie sie gegen die Gamer verwendet werden könnten. Aber es gibt genug andere ausbeuterische Gamedesigns. Ich musste einige dieser Techniken schon selbst anwenden. Viele davon fallen in eine moralische Grauzone, sind aber legal. Ich denke, dass Lootboxen die Industrie letztlich zum Umdenken bringen werden. Es ist nicht so, dass sie verboten werden sollten. Die Industrie sollte sich vielmehr zusammensetzen und eine Art Standard kreieren, in dem festgelegt wird, was akzeptabel ist und was nicht.

Sind Lootboxen das Ergebnis einer Analyse von Spielerverhalten?

Ja und nein. Analyseverfahren können aufzeigen wie effektiv etwas ist. Viele Entwickler können dadurch experimentieren und jene Dinge finden, die besonders effizient darin sind, Spieler zu einem Spiel zurückkehren und so viel Geld wie möglich in dem Spiel ausgeben zu lassen. Zufällige Belohnungen sind aber keine neue Sache: Baseball-Sammelkarten, "Magic: The Gathering"-Sammelkarten, Kinderüberraschungseier und so weiter gibt es schon lange. Bloß ist es in der digitalen Welt sehr leicht, diese Belohnungen besonders verlockend zu gestalten. Ich frage mich aber, ob die Daten nicht insgesamt weniger verlässlich sind, nun da die Nutzer sich gegen manche Teile der Aufzeichnung und Speicherung ihres Verhaltens entscheiden können.