Nach jahrelangem Warten hätte es im Frühling endlich so weit sein sollen: Für 16. April war die Veröffentlichung der Science-Fiction-Dystopie "Cyberpunk 2077" geplant. Woche für Woche hatte Entwickler CD Projekt die Fans gezielt mit neuen Infos zu dem Computerspiel versorgt, bei einer bombastischen Show war im Juni 2019 der Releasetermin vollmundig angekündigt worden.

Doch nun verschiebt sich die Veröffentlichung des Spiels nach hinten - und zwar gleich um ein paar Monate. Erst am 17. September soll der Titel erscheinen. "Cyberpunk 2077" sei zwar an sich schon fertig und spielbar, aber eben noch nicht "perfekt"; für den Feinschliff brauche man doch noch ein paar Monate, hieß es seitens des Entwicklerstudios.

Die nächste hochkarätige Verspätung folgte alsbald: Anfang dieser Woche wurde bekannt, dass auch der Zombie-Blockbuster "Dying Light 2" nicht wie geplant im Frühling 2020 veröffentlicht wird. Man brauche mehr "Zeit für die Entwicklung, um unsere Vision erfüllen zu können", so der Entwickler. Ein neuer Release-Termin wird nicht mehr genannt.

Seit jeher scheint es in der Spielebranche eher die Ausnahme als die Regel zu sein, dass Blockbuster-Titel zum geplanten Veröffentlichungstermin erscheinen. Überambitionierte Ideen, zu straffe Zeitpläne und planerische Fehleistungen führen nicht selten zu jahrelangen Verzögerungen. Manche Spiele schaffen es nicht einmal auf den Markt.

Ein Kalifornier in der Ukraine

Mit einer besonderen Entstehungsgeschichte wartet etwa das Spiel "Stalker: Shadow of Chernobyl" des ukrainischen Entwicklers GSC Game World auf. Das Spiel wurde Ende 2001 angekündigt und sollte 2003 erscheinen. Es löste vor allem aufgrund seiner grafischen Brillanz und interessanten Aufmachung rund um den Super-GAU 1986 einen Hype aus.

Das Studio bekam sein überambitioniertes Projekt aber nicht fertig, der Release verzögerte sich mehrfach. 2005 schickte der amerikanische Herausgeber THQ den Kalifornier Dean Sharpe in die Ukraine, um die Veröffentlichung auf Schiene zu bekommen. Sharpe straffte den Titel, zig Spielelemente wurden herausgeschnitten. So war geplant, dass der Spielcharakter regelmäßig schlafen muss, in die fertige Version schaffte es dieses Feature nicht.

Sharpes Einschnitte waren bei den ukrainischen Entwicklern und Fans umstritten. Der Kalifornier bekam gar Morddrohungen, wie er im Interview mit "Eurogamer" berichtete. Doch seine harte Hand zeigte Wirkung. Letztlich wurde das Spiel im März 2007 veröffentlicht, mit Erfolg: "Stalker: Shadow of Chernobyl" hat bei vielen Gamern heute Kultstatus.

14 Jahre in Entwicklung

Die vierjährige Verspätung von "Stalker" ist aber nichts im Vergleich zur Entwicklung des Shooters "Duke Nukem Forever". Das Spiel wurde im April 1997 angekündigt und erschien letztlich im Juni 2011. Der Grund: Der amerikanische Entwickler 3D Realms tauschte gleich mehrere Male die Spielengine aus, weshalb sie den Titel auch öfters komplett umbauen mussten.

Jahrelange Verzögerungen waren die Folge. "Duke Nukem Forever" wurde zu einem Running Gag in der Gaming-Branche, mit einer Veröffentlichung schien niemand mehr zu rechnen. 2009 geriet 3D Realms dann auch noch in finanzielle Turbulenzen, zahlreiche Mitarbeiter wurden entlassen.

Schließlich übertrug Herausgeber Take-Two die Entwicklung des Spiels an Gearbox. Das Studio konnte auf den Vorarbeiten aufbauen und brachte das Spiel nach vierzehnjähriger Entwicklungszeit im Juni 2011 auf den Markt. Es wurde von der Fachpresse bescheiden bewertet. Ein Kritikpunkt war unter anderem die veraltete Technik.

Auch heutzutage endet manches Projekt in der Entwicklungshölle: Fans des Action-Adventures "Beyond Good & Evil" warten bis heute auf die Fortsetzung: 2007 tauchten erste Gerüchte zu dem Sequel auf, jahrelang war unklar, wie weit die Entwicklung gediehen ist. 2017 wurde das Spiel offiziell angekündigt, seitdem ist es wieder ruhig um den Titel geworden.

Ein aktuelles und umstrittenes Beispiel ist "Star Citizen". Das gigantische Science-Fiction-Spiel wurde Ende 2012 maßgeblich durch eine Crowdfunding-Kampagne finanziert. Mittlerweile hat es stolze 250 Millionen US-Dollar von Unterstützern eingesammelt. Unfertige Versionen des Spieles sind zwar seit 2013 zugänglich, ein Release ist aber nicht in Sicht. Doch nicht nur das: Entwickler Chris Robert wird vorgeworfen, Misswirtschaft zu betreiben und inkompetent zu sein.

Für Fans von "Cyberpunk 2077" besteht jedenfalls Hoffnung. Auch die Veröffentlichung von "The Witcher 3: Wild Hunt", dem Vorgängertitel von Entwickler CD Projekt, wurde um einige Monate nach hinten verschoben und kam schließlich im Mai 2015 heraus. Geschadet hat das dem Titel nicht: Er zählt zu den besten und erfolgreichsten Spielen des vergangenen Jahrzehnts.(dab)