Es ist ein glanzvolles Jahr, das Netflix derzeit durchlebt. Der US-Streamingdienst verzeichnete im ersten Quartal neue Rekorde. Um 15,8 Millionen schoss die Anzahl der Bezahl-Abos bis Ende März in die Höhe, der Aktienkurs stieg kräftig. Die Corona-Krise verlieh dem Streaming-Platzhirsch nochmals einen kräftigen Schub. Der US-Konzern setzt dazu an, die Filmbranche weiter nach seinen Vorstellungen zu formen.

Google will mit Stadia ein Milliardenpublikum erreichen, Nutzer tröpfeln aber nur in kleineren Mengen herein. - © fotoknips/stock.adobe.com
Google will mit Stadia ein Milliardenpublikum erreichen, Nutzer tröpfeln aber nur in kleineren Mengen herein. - © fotoknips/stock.adobe.com

Auch im Videospielbereich gehen und gingen zahlreiche Beobachter davon aus, dass Streamingdienste eine neue Ära einleiten werden. Konzerne bringen sich längst in Stellung, darunter Google mit seinem Dienst "Stadia". Der US-Gigant zielt damit auf ein Milliardenpublikum ab. "Wenn wir nur 100 oder 200 Millionen Menschen erreichen, haben wir etwas falsch gemacht", meinte Google-Manager Jack Buser.

Milliardenmarke weit entfernt

Das Potenzial wäre da. Bereits im Jahr 2019 meldete sich auf der Videospiel-Vertriebsplattform Steam der milliardste Nutzer an. Millionen Spieler sind täglich gleichzeitig auf Steam online.

So recht zünden will das im November 2019 gestartete Stadia - in Österreich ist es noch nicht verfügbar - aber nicht. Die Revolution lässt auf sich warten. Offizielle Nutzerzahlen hat Google bisher nicht herausgegeben. Ende April wurde bekannt, dass die Stadia-App im Google Play Store - eine der Nutzungsmöglichkeiten für Stadia - mehr als eine Million Mal heruntergeladen wurde. Diese wichtige symbolische Marke wurde aber erst gebrochen, nachdem Google angekündigt hatte, die kostenpflichtige Premium-Version von Stadia für zwei Monate gratis anzubieten.

Von der Milliardenmarke ist Stadia jedenfalls noch Meilenwert entfernt. Kritiker und die Gaming-Community konnte der Google-Dienst bisher nicht überzeugen. Ein Hauptgrund dafür ist das bisher nur sehr überschaubare Angebot auf Stadia.

Während Netflix regelmäßig für seine aufwendigen Eigenproduktionen Lob einheimst, bleiben solche bei Stadia aus. Es fehlen immer noch die exklusiven Spiele der Kategorie "Must have". Stattdessen erhält man um zehn Euro im Monat eine kleine, aber nette Sammlung an Spielen zur Verfügung gestellt, die einem aber für PC und Konsole zu Billigstpreisen nachgeschmissen werden. Große Titel wie etwa "Red Dead Redemption II" muss man extra und zu hohen Preisen kaufen.

Doch auch das ist unterm Strich nur wenig befriedigend. Denn insgesamt bietet Stadia derzeit rund 50 Spiele an. Zum Vergleich: Im Steam-Store gibt es mehr als 30.000 Titel, darunter Neuheiten als auch alte Top-Spiele (außer jene, die für andere, wie etwa die Playstation, exklusiv produziert wurden). Bereits für andere Plattformen erworbene Spiele kann man zudem nicht zu Stadia übersiedeln, auch wenn sie sich unter den 50 Stadia-Titeln befinden. Man muss also im Falle eines Wechsels komplett bei null anfangen.

Technische Probleme

Hinzu kommen technische Probleme. Seit Stadias Start im November 2019 vergeht fast kein Tag ohne einen kritischen Medienbericht. Es ruckelt, es stockt, es verschmiert: Kaum ein Gameplay-Albtraum, der hier nicht Realität wurde. Vieles hat Stadia nach und nach mit Updates verbessert.

Die nervende Eingabeverzögerung soll spätestens mit dem Ausbau des 5G-Netzes verschwinden. Doch haben Tests bereits gezeigt, dass sogar unter hervorragenden 5G-Bedingungen die Zeit, die zwischen dem Drücken eines Knopfes und der Ausführung der Aktion im Spiel vergeht, im Vergleich zu lokalen Spielgeräten ungleich höher ist.

Google wird weiter nachbessern, doch das ist ein weiterer Grund, warum sich der Absatz in Grenzen hält. Derzeit ist man als Stadia-Spieler ein zahlender Tester für eine noch unausgegorene Streaming-Version. Dabei ist geplant, dass der Basisdienst bald gratis sein soll.(aum/dab)