Seien es verschneite Berglandschaften, paradiesische Inseln oder die Metropolen dieser Welt: In all den Orten, die man im "Microsoft Flight Simulator 2020" überfliegen kann, steckt auch ein wenig Österreich drinnen. Das heimische Unternehmen Blackshark.ai war in der Simulation, in der Flugliebhaber quer über den Erdball jetten können, maßgeblich an der Erstellung der Spielwelt beteiligt. Anhand von Satellitenfotos generierte das Studio mithilfe künstlicher Intelligenz eine 3D-Karte der Erde.

Es ist einer der jüngsten Erfolge der Videospiel-Unternehmen in Österreich. Am Donnerstag gaben Branchenvertreter und die Wirtschaftskammer Österreich auf einer Pressekonferenz in Wien einen Überblick über den wachsenden Wirtschaftszweig.

Mittlerweile gibt es hierzulande 87 Entwicklerstudios, gemeinsam erwirtschaften sie jährlich einen Umsatz von rund 24 Millionen Euro, Tendenz steigend. Insgesamt knapp 500 Mitarbeiter sind in der Branche tätig, wobei es sich meist um kleinere Unternehmen mit weniger als zehn Arbeitskräften handelt.

Besonders international sei man zunehmend erfolgreich, schildert Martin Filipp vom Entwicklerstudio Mi’pu’mi Games und Entwicklerverband Pioneers. Vor allem in Asien würden die heimischen Unternehmen "hohe Wachstumsraten" verzeichnen. Dabei habe sich der asiatische Markt noch vor einiger Zeit nur wenig für "westliche Videospiele und Erzählungen" interessiert.

Gutes Geschäftsjahr erwartet

Laut Filipp erwarten die österreichischen Entwickler für 2020 ein besonders gutes Geschäftsjahr. Wie auch die Branche weltweit profitieren sie von der Corona-Krise: Die Ausgangsbeschränkungen trieben den Umsatz und die Aktienkurse der Gaming-Unternehmen rasant in die Höhe.

Auch der E-Sport verzeichnet in Österreich Zuwächse, 50.000 E-Sportler sind hierzulande registriert. Angefeuert wird das Wachstum vor allem durch neue Wettbewerbe und Formate, erklärt Martin Baloh, Präsident des eSport Verband Österreich (ESVÖ). Weitere Impulse erhofft er sich durch eine E-Sport-Arbeitsgruppe der türkis-grünen Bundesregierung, bei der auch der ESVÖ mit an Bord ist. Sie soll im Herbst ihre Arbeit aufnehmen. Thematisch werde es dabei vor allem um juristische Unsicherheiten im E-Sport, etwa im Steuer- und Veranstaltungsrecht, gehen, so Baloh.

Großunternehmen fehlen

Mit anderen europäischen Ländern kann Österreich trotz des Wachstums aber nicht mithalten. Es mangelt an Großunternehmen, andere europäische Staaten sind Österreich hier weit voraus. So etwa Polen, das mit CD Projekt eines der aufstrebendsten Entwicklerstudios weltweit aufweisen kann. Das Unternehmen mit mehr als 1100 Mitarbeitern schlittert mit seinen Spielen wie "The Witcher 3" von Erfolg zu Erfolg. Für eine Aktie müssen mittlerweile 100 Euro bezahlt werden.

Hierzulande ist solch ein Branchenriese bei weitem nicht in Sicht. "Wir haben die Leute in Österreich nicht", sagt Michael Putz von Blackshark.ai. Sein Studio habe das Know-How und die Erfahrung für noch größere Projekte, allerdings sei "nicht ausreichend Talent vorhanden". Die Branche wachse in Österreich beständig und "organisch", für ein größeres Projekt wäre aber eine rasche und massive personelle Aufstockung nötig, so Putz. Eine solche Aufstockung ist in Österreich aber nicht machbar - talentiertes Personal zieht es etwa in die USA.

Wie kann auch der österreichischen Gaming-Wirtschaft zu einem Höhenflug verholfen werden? Als wichtigen Antriebsfaktor sehen Branchenvertreter staatliche Förderungen. Sie verweisen auf Finnland, wo es staatliche Hilfen für Videospielunternehmen durch einen Kreativfonds gebe. Eine solche Hilfe würde helfen, die schwierige Finanzierung der teuren Spieleentwicklung zu klären, meinen Branchenvertreter.

In Finnland scheint sich die Wertschätzung für den Wirtschaftsbereich auszuzahlen: 2018 erwirtschaftete die dortige Videospiel-Branche einen Umsatz von 2,1 Milliarden Euro.