Im Vorzimmer herrscht reges Treiben. Dort, wo normalerweise nur zu Stoßzeiten vor und nach der Arbeit etwas los ist, bereitet sich ein Haufen lustiger Gestalten auf ein Autorennen vor. In einem der vier Boliden sitzt ein Drache. Er wirft einem kleinen italienischen Installateur im roten Auto noch schnell einen verächtlichen Blick zu, dann geht es los.

Hinein ins Wohnzimmer unter dem Tisch durch, vorbei an der Stuhl-Schikane, die Klavier-Gerade entlang, dann die Haarnadelkurve. Mit einem halsbrecherischen Manöver wird einer auf der Fahrbahn liegenden Bananenschale ausgewichen. Im Anschluss wartet der Sofa-Tunnel.

Zu rechter Hand lassen die Fahrer den Fernseher hinter sich, darauf folgt eine scharfe Rechtskurve. Die zweite Haarnadelkurve führt zum Start-Ziel-Punkt. Die erste Runde ist geschafft, der Installateur liegt an erster Stelle. Willkommen bei "Mario Kart Live".

Das Rennspiel für Nintendos Switch-Konsole ist wahrscheinlich das Beste, was man derzeit in Sachen Augmented Reality finden kann, also jenem Bereich, in dem die echte und die virtuelle Welt einander überlappen. Ausgangspunkt ist ein fernsteuerbares Spielzeugauto mit einer integrierten Kamera. Darin sitzen als Fahrer wahlweise die berühmtesten Installateure der Welt, Mario oder sein Bruder Luigi.

Dieser Wagen wird mit der Switch gekoppelt. Auf dem Bildschirm erscheint - via Kamera - die Welt aus der Fahrerperspektive. Dann geht es daran, in der Wohnung eine Rennstrecke zu konstruieren. Dies geschieht mit vier mitgelieferten Toren aus Karton, die in der Wohnung aufgestellt werden. Zu guter Letzt wird die geplante Strecke einmal mit dem Mario-Kart abgefahren. Dabei muss man alle Tore nacheinander passieren und zum Ausgangspunkt zurückkehren. Gelenkt wird mit der Switch. Nach Abschluss kommt das erste Highlight: Über das Kamerabild, das die reale Wohnung zeigt, wird die virtuelle Rennstrecke eingeblendet. Danach kann das Rennen beginnen.

Reales Auto reagiert auf virtuelle Ereignisse

Zum ferngesteuerten Wagen gesellen sich auf dem Bildschirm die virtuellen Gegner. Und dann geht es los: Wie in der ganzen Mario-Kart-Spielreihe wird im Kampf um den Sieg gestoßen, ausgebremst, der Turbo gezündet. Gegnern werden Fallen - etwa mit Bananenschalen - gestellt. Das echte Auto reagiert dabei entsprechend auf die virtuell eingeblendeten Ereignisse.

Erstaunlich ist bei "Mario Kart Live", wie schnell langsam sein kann. Betrachtet man lediglich das Auto in der realen Welt, so bewegt sich dieses eigentlich relativ gemächlich - zumindest im Vergleich zu handelsüblichen fernlenkbaren Wagen. Doch auf dem Bildschirm erhält man den Eindruck, es handle sich um ein Hochgeschwindigkeitsrennen.

Reinigung gestaltet sich schwierig

Beachtlich ist auch, wie viel Präzision durch die Fahrerperspektive möglich wird. Dort, wo es normalerweise mit einem ferngesteuerten Wagen zu knapp wird, reichen in der Augmented Reality wenige Zentimeter, wenn nicht gar Millimeter, um sich sicher durch die Hindernisse zu schlängeln.

Einziger Wermutstropfen sind die Verunreinigungen am Auto. Mit der Zeit rollen sich naturgemäß Fusel und Haare um die Räder und beginnen diese zu blockieren. Leider sind jedoch lediglich die Reifen problemlos abnehmbar und austauschbar, während das eigentliche Übel an der Achse haftet. Das bedeutet ein mühsames Gefiezel. Wer Glück hat, schafft es, das Rad mit einer Pinzette vom Dreck zu befreien. Gelingt das nicht, wird es gefährlicher. Dann muss schon einmal eine haarauflösende Epilationscreme (sicher nicht im Sinne des Herstellers) oder - um in die feine Ritze zu gelangen - eine Rasierklinge (ganz sicher nicht im Sinne des Herstellers) zum Einsatz kommen.

"Mario Kart" avancierte stets zum Verkaufsschlager

Dessen unbenommen ist "Mario Kart Live" ein großartiges Spiel, das für zig Stunden blendender Unterhaltung sorgt und sicherlich zum Besten und Unterhaltsamsten gehört, das dieses Jahr auf den Videospielmarkt gekommen ist. Zu erwarten ist, dass sich das auch in die Verkaufszahlen widerspiegeln wird.

Denn wie die Statistik-Plattform Statista berichtet, sind die bisherigen Titel der "Mario Kart"-Reihe immer zu den jeweiligen Konsolen-Bestsellern avanciert. Am besten hat sich bisher Mario Kart für die Wii-Konsole verkauft - laut Unternehmensdaten sind weltweit rund 37 Millionen Exemplare über die Budel gegangen. Der erste Switch-Ableger befindet sich auf dem besten Weg, die Führung zu übernehmen - dieser wurde innerhalb von drei Jahren schon etwa 27 Millionen Mal verkauft.

Ein Testexemplar wurde der
"Wiener Zeitung" vom Hersteller zur Verfügung gestellt.