Eine vermeintlich sichere Wette mit geringen Investitionskosten: Neuauflagen alter Kassenschlager werden auch bei Videospielentwicklern immer beliebter. Doch das, was Produzenten Geld und neuen Generationen alte Freuden bringen soll, wird von Kritikern als zunehmende Ideenlosigkeit gewertet.
Derzeit verdichten sich die Hinweise darauf, dass "Knights of the Old Republic" (Kotor), ein Rollenspiel im "Star Wars"-Universum, eine Neuauflage bekommt. Die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete, dass sich ein Remake des fast 20 Jahre alten Spiels bei Aspyr Media in Entwicklung befinden soll.
Zahllose Fans dürften ob dieser Ankündigung gejauchzt haben. Denn "Kotor" ist eines der populärsten Rollenspiele der Computerspielgeschichte. Es kam 2003 auf den Markt und begeisterte umgehend Fans und Kritiker. "Kotor" gewann zahllose Preise und wurde seinerzeit mehr als zwei Millionen Mal verkauft.
Grafische Aufhübschung
Was bei vielen Nostalgie hervorruft, kennen andere höchstens vom Hörensagen. So schlägt der Entwickler zwei Fliegen mit einem Schlag: Zu den potenziellen Kunden gehören einerseits jene, die das Lieblingsspiel aus vergangenen Tagen nun in einer technisch aufgehübschten Version spielen wollen; andererseits jene, die erstmals den Knüller zocken, von dem der Vater damals so geschwärmt hat.
"Kotor" reiht sich in eine Welle von Remakes ein: 2020 wurde das Strategiespiel "Warcraft 3" neu aufgelegt, im Jahr davor war es das Horrorspiel "Resident Evil 2". Neuauflagen der ersten drei Teile der "Age of Empires"- und "Uncharted"-Reihe wurden in den vergangenen Jahren veröffentlicht. Gerüchteweise ist ein Remake des Horrorspiels "The Last of Us" für die Playstation 5 geplant. Kein Gerücht, sondern offiziell angekündigt ist, dass die "Mass Effect"-Reihe neu aufgelegt wird - in einer "Legendary Edition".
Bei all diesen Titeln gingen die Videospielhersteller unterschiedliche Wege. Zumeist wurde das Spiel lediglich grafisch aufgebessert oder für neue Konsolen auf den aktuellen technischen Stand gebracht. Seltener war, dass in der Neuauflage in die Spielmechanik, das Design oder die Handlung eingegriffen wurde.
Hype vor Veröffentlichung
Wirtschaftlich können sich die Neuauflagen für die Unternehmen durchaus lohnen: Das Remake von "Resident Evil 2" hat sich bisher (Stand Februar 2021) 7,8 Millionen Mal verkauft - und damit sogar deutlich besser als das Original. Um die Neuauflage von "Mass Effect", die im Mai erscheint, ist bereits vor Monaten ein Hype ausgebrochen.
Doch muss ein Remake nicht automatisch einen Erfolg mit sich ziehen: So fiel die Neuauflage "Warcraft 3: Reforged" bei Kritikern und Fans durch. Entwickler Blizzard hatte vor der Veröffentlichung die Erwartungen in die Höhe getrieben: Allerlei Neuerungen und Überarbeitungen wurden versprochen. Sie schafften es aber nicht ins fertige Spiel, das hauptsächlich nur eine grafische Auffrischung des Originals war.
Kritiker sehen den Trend hin zum Remake problematisch. So wie das Blockbuster-Kino zunehmend von den immergleichen Superheldenfilmen und Neuverfilmungen dominiert wird, so wird auch ein derartiger Abnützungseffekt in der Videospielbranche befürchtet. Der damalige Betriebsleiter des Videospielherstellers Electronic Arts (EA), Peter Moore, erklärte 2015, dass man bei Remakes "Zeug rauspustet, weil dir die Ideen ausgegangen sind". Moore, der heute Geschäftsführer des englischen Fußballclubs Liverpool ist, gestand aber zu, Remakes seien "für viele Unternehmen eine Möglichkeit, das Einkommen zu steigern".
Remake folgt Flop
Auffällig ist, dass sowohl "Kotor" als auch "Mass Effect" von Bioware geschaffen wurden. Das kanadische Studio galt lange als der beste Entwickler von Rollenspielen. Zuletzt produzierte Bioware, das 2007 von EA übernommen wurde, aber den teuren Action-Megaflop "Anthem".
Seither ist es um das einst prestigeträchtige Studio sehr ruhig geworden - bis auf die Ankündigung der "Mass Effect"-Neuauflage. Das scheint Moores Theorie von der "Ideenlosigkeit" zu bestätigen. Dass Unternehmen auch mit kreativen Ansätzen baden gehen können, zeigte zuletzt die Dystopie "Cyberpunk 2077": Das Videospiel blieb hinter den hohen Erwartungen zurück, der Aktienkurs des Entwicklers CD Projekt stürzte massiv ab.(aum/dab)