Sie ist eine Ikone. Und selbst so manchem Nicht-Computerspieler ein Begriff. Die "Age of Empires"-Reihe startete vor knapp 25 Jahren ihren Siegeszug. 1997 wurde der erste Teil veröffentlicht, das zwei Jahre später erschienene "Age of Empires 2" gilt als eines der einflussreichsten Spiele überhaupt. Noch heute wird es weltweit gespielt.
Groß also sind die Erwartungen, die auf dem neuen "Age of Empires 4" lasten. Kann der Titel das schwächelnde Genre der Echtzeitstrategie wiederbeleben? An die Welterfolge der Vorgänger anschließen? Im Mehrspieler-Modus ist "Age of Empires 4" tatsächlich eine Wucht und ein Titel mit langfristigem Potenzial. Über den Einzelspieler-Modus kann das aber nicht gesagt werden: Er könnte stimmungsloser nicht sein.
"Age of Empires 4" folgt dem 2006 veröffentlichten dritten Teil nach. Dieser war zwar grafisch herausragend und spielerisch gelungen, konnte aber nie so reüssieren wie "Age of Empires 2". Das flottere Spielgeschehen des dritten Teils kam nicht überall gut an. Außerdem riss das Szenario der Kolonialzeit wohl weniger Spieler mit als das Mittelalter, in dem "Age of Empires 2" spielte.
Das soll sich nun ändern. "Age of Empires 4" steht in der Tradition des zweiten Teils, übernimmt aber auch Elemente des Vorgängers. Thematisch geht es wieder zurück ins Mittelalter. Bogenschützen, Ritter und Burgen dominieren die Szenerie. Im späteren Spielverlauf können die Steinmauern dann allerdings auch von mächtigen Bombarden zerschossen werden.
Start wie im zweiten Teil
Ziel des Spiels ist es, den Gegner oder das gegnerische Team zu bezwingen. Das kann auf mehrere Arten gelingen. Der klassische Weg: Eine Armee aufbauen und den Feind überrennen. Alternativ kann ein Weltwunder gebaut oder können heilige Stätten erobert werden. Diese müssen dann eine Zeit lang gehalten werden.
Bevor es aber so weit ist, muss zuerst eine Wirtschaft etabliert werden. Der Spieler startet mit einem Späher, Dorfbewohnern, einem Dorfzentrum und ein paar Schafen. Aus diesen bescheidenen Anfängen erwächst, mit etwas Geschick und Taktik, im Spielverlauf ein mächtiges Reich mit Burgen, Stadtmauern, Armeen und einer florierenden Wirtschaft.
Dazu müssen die Rohstoffe Nahrung, Holz, Gold und Stein gesammelt und die Ressourcen auf den Bau neuer Einheiten und Gebäude verteilt werden. Hier ist der vierte Teil ganz wie "Age of Empires 2": Dorfbewohner müssen die Rohstoffe zurück in ein Lager tragen, im dritten Teil ist das nicht notwendig. Es gibt wieder Wildschweine, die viel Nahrung hergeben, und Reliquien, die in einem Kloster aufgestellt werden können und durchgängig Gold generieren.
Aus dem dritten Teil wurde die Möglichkeit übernommen, beim Aufstieg in ein neues Zeitalter zwischen Varianten zu wählen. So kann als Wahrzeichen etwa eine Burg errichtet werden, die früh vor Angriffen des Gegners schützt - oder eine Gildenhalle, die wirtschaftliche Vorteile bringt.

Veteranen der Reihe werden sich im vierten Teil schnell wohlfühlen und zurechtfinden. Etwas länger wird es aber dauern, die Feinheiten der einzelnen Zivilisationen herauszufinden. Die acht spielbaren Völker - darunter die Chinesen, Engländer und Franzosen - unterscheiden sich stark.
Die Franzosen können eine starke Kavallerie aufbauen, während die Engländer Langbogenschützen ins Feld führen. Diese Mischung ist gelungen - und bisher hat sich noch kein Volk als übermächtig entpuppt. Gerade das ist für den Mehrspieler-Modus essenziell.
Dieser ist gelungen: Auf schön gestalteten Karten können Taktiker sich austoben, strategische Punkte besetzen, bevor sie sich in Schlachten werfen. Die richtige Kombination an Einheiten muss eingesetzt werden: Wer nur mit Rittern in die Schlacht reitet, landet schnell in einer Sperrmauer. Noch dazu kommt ein gelungenes Sound-Design. So muss Echtzeit-Strategie sein. Beseitigen Entwickler Relic Entertainment und Herausgeber Xbox Game Studios noch Schwächen wie die teils umständliche Wegfindung der Einheiten oder die noch überstarke Artillerie, steht dem Spiel nichts im Wege, ein auf Jahre vielgespielter Kracher zu werden.
Streitpunkt Grafik
Gestritten werden kann über die Grafik von "Age of Empires 4". Bereits im Vorfeld hatte manch Age-Veterane kritisiert, dass diese zu comichaft sei. Neue Maßstäbe wird die Grafik nicht setzen, zu ungelenk wirkt manche Animation, zu schwammig manche Textur. Alles in allem hat der Comiclook mit seinen vielen Details aber auch seinen Charme.
Nicht mehr viel zu retten ist beim Einzelspieler-Modus. Wurden mit wenig Aufwand, aber umso mehr Effekt in "Age of Empires 2" noch Geschichten aus den Perspektiven der einzelnen Soldaten erzählt, führt nun eine einzige, monotone Erzählerin durch sämtliche Kampagnen. Die Missionen werden im Schnelldurchgang heruntergespielt, im Stile von: "Erobere dieses Dorf, zerstöre dieses Lager, verteidige diese Burg."
Vor den Missionen wird in Filmchen die Ausgangslage beschrieben, etwa die Eroberung Englands durch die Normannen. Atmosphäre kommt bei der sterilen Inszenierung, die einer aufwendigen, aber plumpen Geschichte-Doku gleicht, nicht auf. So wird die Stadt York in der Gegenwart gezeigt. Die dort herumradelnden Menschen lösen aber kein Mittelalter-Feeling aus. Ebenso wenig wie die Burgruinen, auf die mehr schlecht als recht Einheiten aus dem Spiel projiziert werden.
Da bleibt Einsteigern nur zu raten: Schnell das Tutorial durchspielen und gleich mit dem Mehrspieler-Modus starten.
Das "Age of Empires 4"-Testmuster wurde der "Wiener Zeitung" vom Hersteller zur Verfügung gestellt. Das Spiel ist am 28. Oktober für den PC erschienen.