Wer solchen Monstern begegnet, braucht keine Albträume mehr. Riesige Bären, die mit einem Hieb jede Rüstung zerschmettern. Unerkenntliche Fleischmassen, die alles zerdrücken, was sich ihnen nähert. Eine Fusion aus Mensch und Spinne, die mit einem gigantischen Hammer um sich schlägt.

Auch nach zahlreichen Spielstunden überrascht "Elden Ring" mit einigen der ausgefallensten Monstern der Videospielgeschichte. Das Action-Rollenspiel wagt Experimente, erkundet bisher ungenützte Pfade und ist damit erfolgreich. Doch für jedermann ist der Titel damit nicht.

Die Geschichte von "Elden Ring" baut auf bekannten Mustern auf. In einem Fantasyland wurde ein mächtiges Artefakt, der "Elden Ring", zerstört und in mehrere Teile zersplittert. Diese befinden sich im Besitz einiger Monster, die das Land unterjochen. Der Spieler muss diese Gegner finden und ihnen die Splitterteile abnehmen. Nur so lässt sich der Ring wieder zu einem Ganzen fügen, damit der Held zum "Elden Lord" aufsteigen kann.

Das klingt belanglos - und ist es im weiteren Spielverlauf auch. Dialoge und Zwischensequenzen gibt es nur wenige. Die Namen der Monster sind schnell vergessen, wenn sie erst einmal besiegt sind. Was hängen bleibt, das ist die Spielwelt.

"Elden Ring" setzt so wie unzählige andere Titel heutzutage auf eine offene Spielwelt. Es geht also nicht durch lineare Schlauchlevels, in denen es nur in eine Richtung vorangeht. Der Spieler kann stattdessen selbst entscheiden, wohin er sich aufmacht und was er zuerst erkundet.

Eine wirkliche
Freiheit

Diese Freiheit ist in anderen Titeln aber oft nur eine scheinbare. Zahlreiche Spiele sind schon in einer Monotonie aus immer gleichen Aufgaben und gleich ausschauenden Gebieten untergegangen. Brav wurde der Spieler dazu angehalten, zuerst in Gebiet A zu gehen, bevor er sich in Gebiet B aufmacht, um die Aufgabe C zu erledigen. Schön designte Welten konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich um Abenteuer mit wenigen Risiken und Überraschungen handelte.

Bei "Elden Ring" ist das anders. Es reicht dem Spieler nicht die Hand, sondern watscht ihn ab. Er erhält kaum Hilfe und Orientierung. Anfangs wacht sein Charakter in einer Höhle auf, danach geht es an die Oberfläche. Was er dann zu tun hat, ist unklar.

Vielleicht kann ja der Ritter helfen, der auf einem mächtigen Streitross in der Gegend patrouilliert? Fehlanzeige. Der Ritter ist einem feindlich gesinnt und zermalmt den Spieler in Sekundenschnelle. Also ein neuer Versuch.

Dieses Mal am Ritter vorbeischleichen, in Richtung der Ruinen, und siehe da: Dort ist nicht nur ein Händler, auch ein Speicherpunkt findet sich dort. Dieses Lernen zieht sich durch das ganze Spiel. Scheitern ist ein Kernelement von "Elden Ring". Wer schnell frustriert ist und nicht gerne zig Mal gegen den gleichen Gegner verliert, für den ist der Titel ein Fehlgriff. Denn "Elden Ring" erfordert Geduld und Ausdauer - für eine gemütliche halbe Stunde Ablenkung nach der Arbeit ist es das falsche Spiel.

Hier und da wird bei einem Speicherpunkt angezeigt, wo es in Richtung eines Bossmonsters gehen könnte; Geister machen kryptische Andeutungen zu den Spielmechaniken: Außer diesen kleinen Hilfen ist der Spieler auf sich alleine gestellt. Wie Zauber verbessert werden können oder welche Schwachstellen besonders mächtige Gegner haben, muss er schon selbst herausfinden.

Das zeigt sich auch auf der Spielkarte. Sie ist anfangs vollkommen blank. Nur allmählich werden die gefundenen Orte eingezeichnet. Das lädt zur Entdeckung ein, und was für eine Entdeckung das ist. Da segelt in einem Moor im Startgebiet ein Drache herbei und versengt den Spieler. Erst einige Stunden später, wenn er stärker geworden ist, kann der Kampf wieder aufgenommen werden.

Im Rausch
der Runen

Höhlen, versteckte Abkürzungen und Geheimnisse sind überall auf der Karte zu finden. Da kreuzt ein auf vier Beinen wanderndes Schloss - ja, ein wanderndes Schloss - den Weg des Spielers. Da schießt eine Statue aus dem Nichts menschengroße Pfeile nach dem Spieler. Der Irrsinn, das Makabre und Lächerliche werden in "Elden Ring" zur Kunst.

Um all die Gegner zu besiegen, muss der Spieler im Spielverlauf stärker, schneller und geschickter werden. Dafür braucht er allerdings Runen, die er beispielsweise für Fähigkeitspunkte oder eine bessere Ausrüstung ausgibt. Die Runen erhält er durch besiegte Gegner oder durch das Verkaufen gefundener Gegenstände.

Doch wird mit jedem Levelaufstieg die Zahl der Runen, die es für den nächsten Aufstieg braucht, größer. Zudem droht der Spieler mit seinem Ableben seine gesammelten Runen zu verlieren. Er steht damit stets vor der Entscheidung: Gemütlich, aber zeitraubend, noch ein paar schwache Gegner in die Knie zwingen und dann aufsteigen?

Oder es doch in die Katakomben wagen und dort auf einen großen Schatz an Runen stoßen, der gleich mehrere Aufstiege ermöglicht? Das Risiko liegt beim Spieler: Das nächste Höllenmonster könnte in der Dunkelheit bereits auf ihn warten.