Aus einer Höhe von eineinhalb Metern auf einen auf dem Boden liegenden Mann hechten und ihm den Ellbogen ins Gesicht rammen. Mit dem ausgestreckten Arm ausholen und ihn einem entgegengeschleuderten Opfer gegen den Kehlkopf dreschen. Angesichts dieser Brutalität auch noch lustvoll johlen: Wrestling ist nicht jedermanns Geschmack. Fans des ernst zu nehmendsten unernsten Sports werden jedoch an der neuen Simulation "WWE 2K23" ihre helle Freude haben.
"Dont try this at home, at school or anywhere" ("Versuch das nicht nachzumachen, nicht zu Hause, nicht in der Schule oder sonst wo"): Das Spiel beginnt mit einem adäquaten Augenzwinkern zum Vollkontakteinsatz. In der diesjährigen Neuauflage haben die Entwickler von Visual Concepts vieles verbessert - allem voran die Grafik.
Grafik verbessert
Wirkten die Figuren bei "WWE 2K22" noch eckig und unnatürlich, so hat man hier einen großen Sprung nach vorne gemacht. Vor allem bei den aktuellen Konsolengenerationen wirken die Kämpfer schon sehr realistisch. Schweiß, Muskeln, Grimassen - alles, was so zum Wrestling dazugehört, ist gut getroffen.
Die Spielmechanik wiederum ist über weite Strecken gleichgeblieben. Das ist grundsätzlich gut. Das Kampfspiel bietet eine Vielzahl an unterschiedlichen Angriffs- und Verteidigungsaktionen, was für abwechslungsreiche und somit anhaltende Unterhaltung sorgt. Allerdings sind auch alte Wehwehchen weiterhin dabei. Darunter fällt die Reaktionszeit.
Im Vergleich zum Vorgänger hat sich diese zwar gebessert, ist aber noch immer ein wenig behäbig. Allzu oft kommt es vor, dass man zum idealen Zeitpunkt, die Tastenkombination für den perfekt passenden Move eingibt und dann doch nur ein paar kümmerliche Schläge herauskommen. Eigenfehler, denkt man zu Anfang. Doch schon bald zeigt sich, dass zwischen Eingabe und Durchführung nicht alles rund läuft. Dass man gelegentlich macht- und reaktionslos im Ring (oder außerhalb) herumsteht, während einen der Gegner zu Mus verarbeitet, kann man dabei fast schon als Realismus durchgehen lassen.
Apropos Realismus: Selbstverständlich sind auch wieder Karrieremodi dabei. Als Spieler oder Manager kann man in die Wrestling-Welt eintauchen. Genregerecht werden kurzweilige unanspruchsvolle Geschichten, der Aufbau legendärer Fehden, Humor und markige Sprüche geboten. Wem die Künstliche Intelligenz in den Kämpfen nicht reicht, der kann sich online mit Gleichgesinnten aus aller Welt messen.
"WWE 2K23" ist ein wenig wie Jeff Hardy: Großartig anzuschauen, streckenweise grenzgenial, dafür geht aber punktuell manches auch ganz fürchterlich schief. Auf die Frage: "Soll man sich einen Kampf mit Jeff Hardy anschauen?" kann die Antwort allerdings nur "Ja" sein - natürlich vorausgesetzt, man mag Wrestling.