Wien. "Wie schwierig ist das Spiel?", fragt Gerhard. "Die ersten Levels sind leicht, danach wird es schwieriger", antwortet Dominik. Detailreich schildert er die Herausforderungen. Viele Leben könne man anfangs ansparen, doch dann werde es tückisch. Besonders das letzte Level, die Eiswelt, verlange dem Spieler alles ab.

Was wie eine Unterhaltung auf einem Schulhof klingt, ist in Wirklichkeit ein Gespräch hochoffizieller Natur. Denn Gerhard und Dominik testen gerade ein Computerspiel - für das Bundeskanzleramt. Dort ist im Bereich Familien und Jugend die Bundesstelle für die Positivprädikatisierung von Computer- und Konsolenspielen (BuPP) angesiedelt. Hinter dem Wortungetüm versteckt sich eine ungewöhnliche Institution: Bei ihren Computerspieltests arbeitet die BuPP nicht mit Verboten, sondern mit Empfehlungen und Informationen. In Deutschland können Spiele hingegen indiziert - also für Jugendliche verboten - werden, auch gibt es eine staatlich anerkannte Altersfreigabe durch die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK).

"Verbote nicht sinnvoll"

"Verbote sind nicht sinnvoll. Sie können in der Regel umgangen werden", meint Gerhard Pölsterl, Mitarbeiter des Bundeskanzleramts in der Abteilung Jugendpolitik, die die BuPP mitbetreut. Daher habe man sich entschlossen, auf die Informationsschiene zu setzen. Einerseits empfiehlt die BuPP digitale Spiele, die in den Bereichen Spielspaß, Pädagogik und Technik positiv hervorstechen. Zudem untersucht sie Titel, die bei Kindern und Jugendlichen beliebt sind, auf deren Pros und Contras. Die Ergebnisse werden auf die Website www.bupp.at gestellt.

Mit ihren Empfehlungen und Tests richtet sich die BuPP vor allem an Pädagogen und Eltern, die sich über Spiele informieren wollen oder überlegen, welchen Titel sie ihrem Kind mit gutem Gewissen kaufen können. "Ein Fokus von uns ist auch, dass wir Spiele empfehlen, die Eltern gemeinsam mit ihren Kindern spielen können", sagt Pölsterl, der - wenn es die Zeit zulässt - selbst gerne am Computer spielt.

Alle ein bis zwei Monate tagt die BuPP, um Spiele zu testen. Der Ablauf: Externe Gutachter spielen den Titel im Vorfeld und führen ihn dann den Beamten vor, es folgt eine Diskussion samt Entscheidung, ob etwa eine Empfehlung ausgesprochen wird oder das Spiel lediglich auf der Pro-/
Contra-Liste landet.

Die rund 20 Gutachter sind meist Lehramts-, Informatikstudenten oder Jugendarbeiter. "Ein pädagogischer Hintergrund ist nötig", so Pölsterl. Der überwiegende Teil ist männlich. Pölsterl führt das auf die falsche Selbsteinschätzung potenzieller Gutachterinnen zurück. "Viele von ihnen sind interessiert und qualifiziert. Wenn ich mit ihnen spreche, heißt es aber oft: ,Die Burschen spielen ja viel besser‘". Er versuche das zu entkräften.

Am heutigen Tag sind E-Sport-Experte Manuel Haselberger und Lehramtsstudent Dominik dran. Sie präsentieren Pölsterl im Gebäude des Bundeskanzleramts in der Unteren Donaustraße "Donkey Kong Country: Tropical Freeze". Ein klassischer "Jump and Run"-Titel für die Spielekonsole Nintendo Switch, der sich vor allem an ein jüngeres Publikum richtet.

"Unbedenkliche Darstellung"

Manuel und Dominik spielen ein paar Levels an, erklären die Steuerung und die Spielmechaniken. Pölsterl schaltet sich mehrmals ein. Was denn passiere, wenn Donkey Kong einen Hügel hinabfalle, von einem Gegner überwältigt werde oder sonst irgendwie versage, will er wissen. Dominik lässt die Spielfigur absichtlich von einer Klippe stürzen. Sofort taucht Donkey wieder von unten auf, Ballone tragen ihn zurück auf die Klippe. "Eine unbedenkliche Darstellung", urteilt der Beamte.

Nicht nur Gewaltdarstellungen stehen bei den Tests im Fokus, auch andere Themen wie der Suchtfaktor, die Technik und die Online-Funktionen des Spiels werden untersucht. Ein Beispiel: "Bei vielen Spielen können Fotos per Webcam geschossen werden, um Erfolge in den Sozialen Medien zu teilen", sagt Pölsterl. Das kann problematisch sein - etwa dann, wenn sich Kinder im Pyjama ablichten und solche Fotos dann online stellen.

Bei "Donkey Kong" gibt es diese Bedenken aber nicht. Das Spiel erhält bei der Besprechung eine BuPP-Empfehlung. "Das gebe ich mit gutem Gewissen Eltern in die Hand", sagt Pölsterl.

"Erklären Sie es meinen Eltern"

Hier und da sind es aber auch die kleinen Spieler selbst, mit denen die BuPP in Kontakt kommt. So ist die Bundesstelle bei Messen mit eigenen Ständen vertreten. Immer wieder kommen dabei auch Kinder auf die Beamten zu. Mit einem Schmunzeln erzählt Pölsterl: "Manchmal haben Sie ihre Eltern im Schlepptau und sagen dann: ‚Bitte erklären Sie meinen Eltern, dass das Spiel, das ich spiele, nicht so schlecht ist.‘"