Weibliche Klischeefiguren

Dennoch ist das Spiel eine Sache und eine andere dessen Ausgestaltung. Letztere ist bis heute dominant auf Männer zugeschnitten. Davon zeugen beispielsweise weibliche Spielfiguren mit Fantasiemaßen und ein paar knappen Fetzen als Alibikleidung, denen Ritter in strahlender Rüstung gegenüberstehen. Auch das sind die Nachwirkungen von früher; denn erst durch das Spielen entsteht irgendwo der Wunsch, selbst eines zu schaffen. "Lediglich 22 Prozent der Spieleentwickler weltweit sind Frauen", erklärt Götz. "Das auch nur dank den USA und Asien, wo der Prozentsatz deutlich höher ist." Dadurch dominieren in den Spielen männlich attribuierte Kulturcodes wie Militär und Gewaltbereitschaft gepaart mit den stereotypen Geschlechterbildern. In Ermangelung weiblicher Vorbilder sei es wiederum für Frauen schwerer, in die Gaming-Industrie einzusteigen, erklärt Götz.

Gleichzeitig gibt es offenbar Männer, die von Hass beseelt sind, wenn es darum geht, Frauen von Spielen fernzuhalten. Diese Erfahrung machte beispielsweise Zoe Quinn. Die Amerikanerin hatte 2013 das Spiel "Depression Quest" entwickelt und dafür positive Kritiken erhalten. Ihr Ex-Freund wollte sich an ihr rächen und setzte das falsche Gerücht in die Welt, sie habe von einem führenden Rezensenten lediglich deshalb ein positives Urteil ausgestellt bekommen, weil sie mit ihm ein Verhältnis habe. Daraufhin veranstalteten tausende Gamer eine Hexenjagd. Quinn wurde mit Vergewaltigungs- und Morddrohungen überhäuft, ihre persönlichen Daten wurden im Internet veröffentlicht. Schließlich verließ sie ihr Zuhause, weil sie sich nicht mehr sicher fühlte.

"Manche Männer haben Angst, dass ihnen ihre letzte Domäne abhandenkommt", vermutet Götz. Das zeigt sich auch und vor allem im E-Sport. In Wettkämpfen sind Spielerinnen mit besonderen Belästigungen, Beschimpfungen und Erniedrigungen konfrontiert. Yvonne Scheer kann ein Lied davon singen. Sie ist eine der erfolgreichsten österreichischen E-Sportlerinnen. "Du bist sicher hässlich" oder "Du spielst nur, weil Dein Freund spielt" sind Sprüche, die sie schon oft gehört hat. Zwar gehören Beschimpfungen zu Online-Computerspielen wie die Spiegeleier zum Spinat. Doch die Komponente Frau sorgt auch hier für eine Sonderbehandlung in Sachen Aggression. "Hol mir ein Sandwich" ist der Klassiker unter den Schmähungen für Spielerinnen. Scheer wird von Männern, mit denen sie spielt, auch gerne nach ihrem Facebook- oder Instagram-Account gefragt. "Die wollen dann nachschauen, wie ich aussehe", erklärt sie. Gleichbehandlung? Von wegen. Auch jene, die es "gut meinen", nehmen den Frauen in der Gaming-Welt ihren Platz, erklärt Alexander Pfeiffer. "Manche Spieler versuchen die Spielerinnen im Wettkampf besonders zu beschützen", sagt der Leiter des Zentrums für Angewandte Spieleforschung an der Donau-Universität Krems. Dadurch werden andere wichtige Punkte vernachlässigt, die ganze Strategie des Teams gerät in Schieflage und resultiert in einer Niederlage.