Wien. Deutsch zu erlernen, das steht ganz oben auf der Wunschliste von Flüchtlingen. Menschen, die sich gut integrieren, das ist wiederum für die Stadtverwaltung prioritär. Viel wird getan, von Institutionen und Freiwilligen. Alleine: Der gute Wille führt nicht immer zum Ziel. Das Netzwerk SprachenRechte, der Verband für Angewandte Linguistik und der Österreichische Verband für Deutsch als Fremdsprache/Zweitsprache starteten nun eine Vernetzung von professionellen Sprachkursanbietern ebenso wie von ehrenamtlichen Helfern oder Mitarbeitern der Stadt, um zu sehen, wo es Verbesserungsbedarf gibt, aber auch, was gut läuft. Das erste Fazit der beiden Sprachwissenschafterinnen Verena Plutzar und Verena Krausneker: In vielen Bereichen wäre massives Umdenken gefragt.

Beispiel Deutschkurse: Zum einen haben nicht alle Asylwerber, die sich noch im Verfahren befinden, einen Platz in einem Kurs. So verstreicht wertvolle Zeit - die Menschen, die im Zug der Fluchtdynamik vom Herbst 2015 nach Österreich kamen, sind inzwischen seit 15 Monaten hier. Zum anderen hat man sich in eine untaugliche Strategie verrannt, indem man den Europäischen Referenzrahmen für Sprachen für die Konzeption der Sprachkurse für Flüchtlinge und Migranten herangezogen hat. "Das sehen auch die Kursanbieter, mit denen wir Kontakt hatten, so", erklärt Plutzar.

Kritik an Einheitsniveaus

Dieser Rahmen sei entworfen worden, um Sprachprofile abzubilden. So kann man beispielsweise darstellen, dass jemand auf dem Niveau A1 schreiben, auf dem Level A2 lesen und sprechen, aber sogar schon auf Niveau B1 verstehen kann. In den Kursen werden aber alle Fertigkeiten auf einem Level unterrichtet - denn sie sollen auf die Prüfungen vorbereiten, die ebenso konzipiert sind - man muss auf einem Niveau Deutsch verstehen, sprechen, lesen und schreiben können. Und dann werde nicht einmal evaluiert, wie viele Stunden wirklich nötig seien, um ein Level zu erlernen und mit einer Prüfung positiv abzuschließen.

Zudem wird der Spracherwerb durch die Prüfungsanforderungen stark an Schriftlichkeit gekoppelt. Das schafft dann Probleme, wenn überhaupt erst die Schrift erlernt werden muss. "Hier gibt es zum Beispiel an der VHS Ottakring ein Konzept, bei dem einerseits alphabetisiert wird, andererseits die Sprache zunächst einmal mündlich erlernt wird", erzählt Plutzar. Leider scheine dieses Konzept nicht umgesetzt zu werden. Grundsätzlich fokussieren die Deutschkurse zu stark auf Schriftlichkeit und zu wenig auf mündliche Verständigung. Genau diese bräuchten Flüchtlinge, die sich rasch integrieren wollen, aber dringend. Daher gehe das Kursangebot teils stark an den Bedürfnissen vorbei. "Die ganze Didaktik müsste man völlig neu denken. Die Kurse mit Prüfungszielen nach dem Europäische Referenzrahmen machen so keinen Sinn."