Wien. Außenministerin Karin Kneissl warnt davor, dass eine "Migrationskrise 2016 nicht zur Integrationskrise 2018" werden dürfe und Innenminister Herbert Kickl (beide FPÖ) kündigt eine erneute Verschärfung des Fremden- und Asylrechts an. Er selbst spricht von einem "vollziehbaren und restriktiven Fremdenrecht". "Sozialpolitik in Kombination mit Rassismus". So nennt Sina Farahmandnia die derzeit stattfindende Politik. Er ist Vorstandsmitglied des Vereins "Vielmehr für alle". Ein Verein, der seit mehr als fünf Jahren als zentrale Anlaufstelle für viele Geflüchtete gilt und weiter daran arbeiten will ausschließenden Maßnahmen auf politischer Ebene mit einschließender Flüchtlingsarbeit zu begegnen.

2012 lag der Fokus mit dem Projekt "Prosa - Schule für alle" im Bildungsbereich. Mittlerweile wurde das Angebot laufend an den Bedarf der Geflüchteten angepasst: Projekte in den Bereichen Wohnen, Arbeitsmarkt und Teilhabe folgten. Eine Bilanz. Amin (Name von der Redaktion geändert, Anm.) war einer der drei ersten Prosa-Absolventen. 2012 floh er von Somalia nach Wien. Damals war er 17, seine somalische Matura wurde nur zu Teilen anerkannt. Zusätzliche Prüfungen konnte er mit Hilfe von Prosa nachholen. Mittlerweile unterrichtet Amin Mathematik in der "Schule für alle" und studiert seit 2015 an der Wirtschaftsuniversität Wien. "Zu Beginn war es nicht einfach wegen der Sprache. Jetzt geht es aber bergauf. Ich hoffe in zwei oder drei Semestern abschließen zu können", sagt er.

Amin ist einer der insgesamt 180 Absolventen und Absolventinnen, die die Prosa-Schule seit Bestehen abgeschlossen haben. Für viele von ihnen gäbe es kaum andere Weiterbildungsmöglichkeiten. Denn für junge Asylsuchende, die älter als 15 Jahre alt sind, entfällt die allgemeine Schulpflicht. Prosa wollte diese staatliche Lücke schließen und Bildung für alle zugänglich machen - unabhängig von Aufenthaltsstatus oder Herkunft. Gleichzeitig ist es nur eine von mehreren Lücken, die vom Trägerverein Vielmehr für alle versucht wird zu schließen.

"Es ging von Anfang an darum, Teil einer menschengerechten Gesellschaft zu sein. Wir haben bald festgestellt, dass alle Jugendliche Integration wollen - in dem Sinne, dass Österreicher und Nicht-Österreicher an der Gesellschaft teilhaben. Das wird auch permanent laut gefordert, aber wenn die Leute isoliert in Wohnheimen sind, nicht arbeiten dürfen, nicht ins Bildungssystem kommen, gibt es keinen Rahmen dafür", erklärt Farahmandnia die Motivation des Vereins. So kamen durch die Bedürfnisse der Geflüchteten und speziell der Prosa-Absolventen weitere Projekte hinzu.