So bedauerlich es ist, dass dem "Ring des Nibelungen" in der aktuellen Staatsopern-Saison nur ein Durchlauf vergönnt war: Man kann über diese Knappheit auch etwas Positives sagen. Die Wagnerianer, die den vierteiligen Zyklus in Scharen gestürmt haben, fallen während der Vorstellung durch eine Tugend auf - dass sie nämlich gar nicht auffallen. Kein Geschwätz, Geraschel, Gehuste bei der "Götterdämmerung" am Sonntag - es war fast anachronistisch andächtig.

Stephen Gould triumphiert als Siegfried. - © Staatsoper/Michael Pöhn
Stephen Gould triumphiert als Siegfried. - © Staatsoper/Michael Pöhn

Für einen Ausnahme-"Ring" fehlte dennoch eine Voraussetzung: Soll das Musikkolorit dieser 16 Opernstunden unausgesetzt schillern, sollen die Szenen, klug durchwirkt, im Dienst einer Tempodramaturgie stehen, hätten zumindest ein paar Orchesterproben stattfinden müssen. Die gab’s aber nicht. Insofern verständlich, dass es im Graben ab und zu rumpelt und sich ein paar Blechbläser vergaloppieren. Dennoch hat Axel Kober, der Wiener "Ring"-Debütant, vom "Rheingold" an die Intensität angekurbelt: Seine sachlichen Gesten wahren die Ordnung, seine schnittigen Tempi leisten einem Furor Vorschub, der gegen Ende der "Götterdämmerung" brennheiß lodert und jenen peinlichen Feuer-Ring überstrahlt, der zugleich auf der Bühne flackert.

Die Sänger, allesamt Kraftkehlen, sind vom Klangsturm nicht zu knicken: Stephen Gould leiht dem Siegfried seine Harnischstimme, Falk Struckmann orgelt einen unbehaglichen Hagen, Jochen Schmeckenbecher stattet den Alberich mit Teufelsenergie aus, und der Gunther mutiert dank Tomasz Konieczny (davor ein Weltklasse-Wotan) vom Kümmerling zum Kapazunder. Und Iréne Theorin? Ihr feuriger, doch flackerhafter Sopran leistet der Brünnhilde hochdramatische Dienste; neben der aparten Anna Gabler (Gutrune) legt die Rollengestalterin Waltraud Meier (Waltraute) wieder einmal ein Zeugnis ihrer Grandezza ab: Jubel.