Zweifellos darf man Maude nicht als irdisches Wesen betrachten, sondern als eine gute Fee, die dem verkorksten, orientierungslos dahintaumelnden Harold im Moment höchster Not begegnet, die den Burschen wachküsst, zum Leben erweckt. Anders wäre es - für mich zumindest - nicht erklärbar, dass eine Frau, die eben eine große Aufgabe - die Leitung und Begleitung eines jungen Menschen - übernommen hat, sich umbringt, weil sie achtzig ist. Achtzig - na und? Nein, das ist nur damit zu erklären, dass sie von irgendwo gesandt wurde, um zu helfen, und jetzt eben wieder weiterziehen muss.
Colin Higgins' "Harold und Maude" ist ein relativ viel gespieltes und sehr gut gebautes Stück. Und es hatte jetzt wieder einmal in einer Neuinszenierung (Regie: Nika Brettschneider und Ludvik Kavin), und zwar im Theater Brett, Premiere. Die Aufführung ist farbig, amüsant, berührend, die Hauptdarsteller sind sehr gut gewählt. Bühnenbild (Isabella Farkasch), Lichttechnik und Ton (Alexandra Hertz) beeindrucken.
Traute Furthner ist eine temperamentvolle, strahlende Maude, der man glaubt, dass sie den achtzehnjährigen Mieselsüchtigen zu begeistern versteht. Anita Kolbert bildet als Harolds nervend betriebsame und dominante Mutter einen glänzenden Gegenpol und sorgt schon mit kleinsten Pointen für Lacher. Ein (selbst in den schlimmsten Augenblicken) liebenswerter Harold ist Jakub Kavin. Wie er langsam erwacht, wie er vom Verneiner zum Bejaher wird, das ist eine Freude zu beobachten.
Hier wächst wirklich ein ganz großes Talent heran und man würde Jakub Kavin gerne einmal auf einer größeren Wiener Bühne sehen.
Viel darstellerische Begabung zeigen auch Michaela Luef und Markus Hamele in unterschiedlichen Rollen. Heinrich Herki verkörpert diskret den etwas verklemmten Pater, Ludvik Kavin mit Humor den Psychiater. Brigitta Gutenbrunner differenziert zwei ziemlich entgegengesetzte Rollen.
Alles in allem jedenfalls ein guter Auftakt für die neue Saison.