Einer der besten Dramatiker Österreichs bringt ein Stück über einen der größten Dichter, die dieses Land je besessen hat, an dessen Lieblingsort zur Uraufführung. Ein grandioser Schauspieler spielt die Hauptrolle. Was soll da schiefgehen? Das Publikum ist auf einen tollen Theaterabend eingestimmt und überschüttet am Ende, in der von Anfang an vorhandenen und wachsenden Überzeugung, einem solchen beizuwohnen, die Premiere mit Beifall.

Trotz der mitreißenden Stimmung im Festzelt der von Andrea Eckert geleiteten Raimundspiele Gutenstein merkt man, dass Felix Mitterer in seinem Werk "Brüderlein fein" mit dem Stoff kämpft. Eine Biographie auf die Bühne zu bringen, und das nicht nur als Abfolge mehr oder weniger bekannter Lebensstationen, ist kein leichtes Unterfangen. Bei Ferdinand Raimund, dessen dramatisches Leben sich dafür gut zu eignen scheint, musste diese Erfahrung auch schon der Autor Alois Haider im Jahr 2000 mit seinem respektablen Stück "Brüderlein halt!" machen.

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Mitterer verbindet Raimunds Lebensweg mit der Feenwelt, die ihm seine Begabung schenkt, vor allem aber mit saftigen Szenen, die im Theater spielen. Dort verkauft Raimund anfangs Süßigkeiten, ehe er dem Schauspieler Ochsenheimer nacheifert, später vom Publikum zur Ehe mit Luise Gleich, die - nur scheinbar von ihm - ein Kind erwartet, gezwungen wird und schließlich seine eigenen Stücke inszeniert.

Sozialkritiker und Rappelkopf

Mitterers Stärke, die Sozialkritik, klingt an, wenn vom Missbrauch Minderjähriger durch den Fürsten Kaunitz die Rede ist, von der Verachtung, die das Bürgertum den Schauspielern entgegenbringt, von der damals bestehenden Unmöglichkeit einer zweiten Heirat, weshalb Raimund mit seiner geliebten Antonie Wagner ein Treuegelöbnis vor einer Marienstatue ablegt. Die besten Szenen sind freilich jene mit Raimunds Originaltext, die Mitterer geschickt in sein Stück eingebaut hat.

In der humorvoll-sommertheaterlichen Inszenierung von Nicole Claudia Weber spielt daher der Theatervorhang eine große Rolle, weiters immer wieder eine riesige, auch zum Baum umfunktionierte Leiter. Vanessa Achilles-Broutin liefert die eines Zaubermärchens würdige Ausstattung, konkret laut Programmheft "Bühne und Kostüme, Masken, Hüte und Puppenbau". Mit der Ziehharmonika ist Tommy Hojsa unermüdlich auf der Bühne präsent und sorgt für die passende Musik.

Hauptdarsteller Johannes Krisch zieht alle Register seiner großen Schauspielkunst, aber er ist leider, obwohl sein jugendliches Ungestüm das manchmal vergessen lässt, schon älter, als Raimund je geworden ist. Der leicht aufbrausende Rappelkopf und Hypochonder Raimund liegt ihm sichtlich besser als der melancholische Poet, der Tragödien schreiben und spielen will, aber als Komiker und Märchendichter zum Volksliebling avanciert. "So a tiefes Wasser" nennt ihn einmal seine "Toni", überzeugend naiv-treu dargestellt von Anna Rieser.

Das übrige Ensemble darf sich in mehreren Rollen bewähren. Dabei treffen Larissa Fuchs - ihre Luise Gleich ist sowohl Täterin als auch Opfer -, Lisa Schrammel, Gerhard Kasal und Reinhold G. Moritz durchwegs den richtigen Ton. Ein Gustostückerl liefert Eduard Wildner als Mutter Wagner, die Raimund von ihrer Tochter fernhalten will und ihm "Hausverbot, Fensterverbot, Trottoirverbot" erteilt.