Wie schafft man es organisatorisch, 120 Menschen zu bewegen?

Ich habe ein sehr gutes Produktionsteam und vier Instruktoren, die mir helfen, die Workshops zu leiten. Insgesamt gibt es fünf Workshopgruppen. Ich schaue, dass die Arbeit der einzelnen Gruppen immer mehr ineinander zahnt. Dieses Projekt hat mir einmal mehr gezeigt, dass es sehr viele tanzinteressierte Menschen gibt und Wien eine Tanzstadt ist. Ein Projekt wie "Habitat" motiviert nicht nur die 120 Leute, sondern auch die Zuschauer, es setzt etwas in Bewegung: eine Empathie, dem eigenen Körper und anderen Körpern gegenüber. So ein Projekt feiert auch den Tanz. Denn so pathetisch es auch klingt: Tanz erzählt ohne Worte viel über die Zeit, in der wir uns bewegen und die uns bewegt.

Sie meinten, Sie machen keinen Unterschied zwischen Profis und Laien. Funktioniert das?

Mein Ansatz ist: Wenn du dich in deinem Körper sicher fühlst, spielt es keine Rolle, ob du Laie oder Profi bist. Es geht um Sicherheit und Selbstbewusstsein und das Wissen, was man tut. Zuschauer erkennen es, wenn jemand da einfach hineingepurzelt ist oder wenn jemand selbstsicher entschieden hat, dies zu tun.

Sie produzieren immer wieder neue Stücke, geben Workshops, touren im Ausland mit Ihren Werken. Woher haben Sie diese Energie?

Das fragen mich wirklich viele! Ich glaube, ich bin so geboren. Und vor allem habe ich das von meiner Oma, die eine Sonne war und selbst heute - 23 Jahre nach ihrem Tod - noch scheint. Sie ist mit offenen Armen durch die Welt gegangen. Ich bekomme viel Energie von den Menschen zurück, mit denen ich arbeite. Es bereichert mich, ich erlebe Energien, die aufeinandertreffen und sich über die Zusammenarbeit transformieren und weiterentwickeln. Auch bin ich leidenschaftlich gerne Tante - daraus schöpfe ich Kraft. Und ein gutes Bett lädt auch im Schlaf die Batterien auf. Ich arbeite seit 2006 an eigenen Projekten, und ich akzeptiere, dass es ein Auf und Ab gibt, dass sich Zufriedenheit und Zweifel abwechseln, dass ein künstlerischer Werdegang ein Weg ist, der sich entwickelt und auch Zeit braucht. Große Projekte entstehen aus kleineren, das merkt man mit den Jahren und versteht immer mehr, dass man die eigene Energie einteilen muss. Gestern sagte ich zu einer Kollegin: Meine Kunst ist auch eine Art Medizin für mich selbst.

Medizin? Gegen welche Krankheit?

Die Gegenwart hat gewalttätige Seiten und meine Arbeit basiert auf Empathie.

Fühlen Sie sich aufgrund Ihres Standings in der zeitgenössischen Szene unter Druck gesetzt?

Ich bin zu mir selbst extrem kritisch, ich hinterfrage alles - vor allem dann, wenn ich Zeit habe wie in diesem Sommer im Urlaub. Druck macht man sich selber mehr als der, der von außen kommt, und man kann es sowieso nicht allen recht machen. Wichtig ist, dass im Probenraum, also in der Praxis, etwas passiert, sich Neues entwickelt. Dann ist jeder Druck weg und ich lebe im Moment.