Allenthalben glitzert und funkelt es. Wie Edelsteine eben leuchten: "Jewels" glänzt nun an der Staatsoper - das Ballett des Meisterchoreografen George Balanchine hatte am Wochenende mit dem Wiener Staatsballett Premiere.

Schon wenn sich der Vorhang hebt, lässt es sich erahnen: Hier wird es Ballett in Reinkultur zu sehen geben. Das Bühnenbild in Grüntönen mit ein paar Edelsteinketten reicht aus, um "Esmeralds", also Smaragde, zum Strahlen zu bringen. Es werden noch "Rubies", Rubine, und "Diamonds" folgen. Drei Edelsteine, mit denen George Balanchine (1904-1983) die Stationen seines Lebens spiegelt: Frankreich - Amerika - Russland. Der gebürtige Russe eroberte mit den legendären Ballets Russes nicht nur Frankreich. Nach Schließung der Kompagnie holte ihn der Kunstmäzen Lincoln Kirstein nach New York.

Mit der Musik von Gabriel Fauré zeigen Natascha Mair und Robert Gabdullin ein fließendes und verspieltes Bewegungsrepertoire, das sehr an die französische Schule des Balletts erinnert - auch den französischen Hoftanz zitiert Balanchine. Grazil verleiht Mayer ihren Posen noch mehr Tiefe, vergisst dabei aber nicht, die Bewegungssequenzen zu phrasieren. Sonst würde man sich bald langweilen - trotz der herausfordernden Choreografie.

Der Rhythmus der Neuen Welt

"Rubies" stehen sinnbildlich für den Rhythmus der urbanen Neuen Welt. Igor Strawinskis spritziges "Capriccio" für Klavier und Orchester dient als musikalische Übersetzung für die roten Edelsteine. Diesem Charakter entspricht auch Balanchines Choreografie, deren Markenzeichen es ist, "den Tanz sichtbar zu machen", wie er einmal sagte. Ketevan Papava setzt im Vergleich zum ersten Stück nun die strengen Regeln des Balletts außer Kraft: Die Beine werden oftmals parallel positioniert, die Hüften keck gekippt, Spiele mit der Balance ausgekostet. Lebensfreude und Energie strahlt Papava in diesem starken Formationenspiel aus - wie auch Nikisha Fogo und Davide Dato, die technisch versiert Balanchines klarem Stil gewachsen sind.

Schließlich funkeln die "Diamonds", die von Ballettdirektor Manuel Legris äußerst passend mit Olga Esina und Jakob Feyferlik besetzt wurden. Als Hommage an das russische Ballett wird mit - wie sollte es anders sein - Tschaikowskis Musik oftmals an "Schwanensee" gedacht: Balanchine zitiert unzählige Male Formationen, Armhaltungen und Sequenzen aus dem Ballett aller Ballette und löst diese mit seinem neoklassizistischen Bewegungsrepertoire raffiniert wieder auf. Hier dominieren die elegante Grazie, die Schönheit und kühle Distanz. Esina und Feyferlik erfüllen diese Voraussetzungen nahezu perfekt, ihr Pas de deux ist das Sinnbild des klassischen Balletts - inklusive einer imposanten Polonaise zum diamantenen Finale.

Dass George Balanchine maßgeblich die Tanzgeschichte geprägt hat, und dass Manuel Legris das Wiener Staatsballett in den Olymp der relevantesten Ballettkompagnien gehoben hat, erkennt man spätestens mit "Jewels".