In der bacchantischen Leitung von Ruth Brauer-Kvam, die für die textliche Aktualisierung wie auch Regie verantwortlich zeichnet, und Kyrre Kvam als "Master of Ceremonies" und musikalischer Hermes der Offenbachschen Opéra bouffe verführt "Orpheus in der Unterwelt" im Rabenhof Theater mit viel augenzwinkerndem 70er-Jahre-Flair in eine wenig glamouröse Liebeshölle.

Die Zeit der antiken Gesänge ist vorbei, der mythische Sänger Orpheus ist zum Schlagertenor verkommen, der statt der Ehefrau die Geliebte besingt. Aus Angst vor der "öffentlichen Meinung", schreckt er vor einer Trennung zurück. Eurydike, von seinen "Konzerten in A-Dur" lange schon gelangweilte Schönheit, verfällt den röhrenden Liebesschwüren eines falschen Schäfers im weit-weißen Hippie-Hemd. Hinter rockiger Langhaarfassade lockt Pluto in die Unterwelt. Die Geschichte nimmt ihren gewohnt frivolen Lauf. Vor allem auf musikdramaturgischer Ebene gelingt hier ein veritabler Musicalcoup mit Erfolgsgarantie: Orpheus erscheint in Gestalt von "Eine neue Liebe"-Star Jürgen Marcus, Jupiter als "später" Elvis und Pluto ("Austrofred" Franz Wenzl) im Körper von Jim Morrison.
Zu den zahlreichen Highlights zählen Thomas Mraz "Bienen-Tanz" und die Kurzeinlagen von Johannes Huth als reisender Held wider Willen. Vor allem ist es aber Florian Carove, der als zuckendes Faktotum Styx in Renfield-Manier Gustostückerl an komödiantischem Können liefert. Am Ende lässt Salka Weber, einzige Frau des Abends, die herrlich schmerzhaften Kalauer und männlichen Pappköpfe hinter sich: "Its my turn."