Eine vielversprechende, gut gemeinte Einladung wird in Richard Heubergers Operette "Der Opernball" ausgesprochen - bleibt aber in Corona-Zeiten vorerst Wunschdenken. Mit der Traumfrau fürs Chambre séparée lebt man ja eher selten im gleichen Haushalt.
Da hieß es also am Donnerstag im Grazer Opernhaus Abstand halten für Sieglinde Feldhofer (Sopran) und Ivan Oreanin (Bariton). Wahrscheinlich, gewiss sogar haben sich die beiden hinter der Bühne dann in verschiedene Chambres séparées zurückgezogen.
Was aber wohl geht: Chambre separée für exakt hundert Leute. In der Grazer Oper ist als erstem Opernhaus in Österreich am Donnerstag wieder Musik erklungen. "Musenkuss" ist ein nettes Arien- und Lied-Wunschkonzert, zu dem viele aus dem Ensemble beigetragen haben. Die Intendantin Nora Schmid hat als Moderatorin Brücken geschlagen vom neobarocken Schmuck im Zuschauerraum zur Musik. Kein schlechter Trick, die Blicke von den vielen freien Sitzplätzen weg zu lenken auf Apoll, dessen Mythos im Gewölbe über der Galerie in Reliefs dargestellt ist. Auch die Fresken im Proszeniumsbereich (Lohengrins Erscheinen, Faust und Gretchen, Wilhelm Tell) bieten musikalische Anknüpfungspunkte. Ah ja, die riesigen Engelspaare über den Proszeniumslogen - auch noch nie aufgefallen, ebenso wenig wie die Komponisten- und Dichterporträts über den Türlünetten der Galerie. Die Scheinwerfer leuchteten also Bereiche aus im Musentempel, die man sonst eher nebenher wahrnimmt.
Auch kleine Wiedereröffnungen freuen
Der Anlass passt nicht für eine Musikkritik (die sehr gut für alle Beteiligten ausfiele, inklusive der drei Korrepetitoren an ebenso vielen Klavieren (keine Desinfektion nötig) und einer Harfenistin. Die Laune im Publikum: keine Spur von Grabesstimmung, obwohl nur jeder zwölfte Platz besetzt war. Das war natürlich auch dem Wunschkonzert-Charakter geschuldet.
Und freilich: Man kommt ins Grübeln, ob überhaupt irgendwelche Verordnungen in Sachen Corona in der Kultur Sinn haben können. 100 Besucher, mehr dürfen es derzeit nicht sein. Das Grazer Opernhaus hat 1200 Plätze. Füllte man da mit Babyelefanten auf, brauchte man sich um die Population der Rüsseltiere auf Jahrzehnte keine Sorgen zu machen. Fürs Publikum gibt’s einen "Kleinen Leitfaden" im Postkartenformat. Mundschutz auf dem Weg zum Sitz, eh klar, keine Pause, kein Buffet. Den Schirm stellt man eigenhändig in der Garderobe ab. "Die Toiletten sind unter Einhaltung der Abstandsregeln in den Vorräumen benutzbar." Man freut sich heute auch über kleine Öffnungen.