"Natürlich ist eine Grenze von 100 Besuchern traurig. Aber es ist besser als nichts", sagt Dominique Meyer. Und so hat der Staatsoperndirektor die Lockerungsmaßnahmen zum Anlass genommen, vor dem Saisonende – so wie Konzerthaus und Musikverein – doch noch einmal den Betrieb aufzunehmen: Ab Montag veranstaltet die Staatsoper insgesamt 14 Konzerte und beendet damit die Corona-bedingte Zwangspause. Die Abende sind der letzte Akzent, den Meyer auf der Bühne setzt: Mit Monatsende verlässt der gebürtige Elsässer die Staatsoper nach zehn Jahren und wechselt an die Mailänder Scala.
Der Verkauf der Konzertkarten hatte am Donnerstag um 8 Uhr Früh begonnen – und war bereits eine Stunde später abgeschlossen. Ein gutes Zeichen für Meyer: "Es zeigt, dass die Leute hungrig sind" und dass "die Lust auf Musik Vorrang hat gegenüber der Angst". Die Sänger hätten ebenfalls keine Furcht vor einem Auftritt: "Sie wollen alle", sagt Meyer und ist stolz, die Bandbreite seines Ensembles noch einmal auf der Bühne präsentieren zu können.
Dies freilich unter Spezialbedingungen. Die Staatsoper hat die Corona-Spielpause zum Anlass genommen, einige Sanierungsarbeiten vorzuverlegen. Darum steht die Bühne derzeit nicht zur Verfügung. Die Sänger werden auf dem hochgefahrenen Orchestergraben arbeiten, flankiert von einem Pianisten.
"Kein Feuer am Dach"
6 der 14 Konzerte (alle werden gratis von der Staatsoper gestreamt) haben einen Star im Zentrum – angefangen am nächsten Montag mit Günther Groissböck, der laut Meyer "als erster angerufen hat", über Juan Diego Flórez bis zu Krassimira Stoyanova am 25. Juni. Sechs weitere Abende werden als Ensemblekonzerte gestaltet und widmen sich jeweils einem Thema, darunter dem Belcanto (12. Juni), dem slawischen Repertoire (22. Juni) oder den Ohrwürmern von Puccini und des Verismo (24. Juni). Zudem holen die Wiener Philharmoniker am 10. Juni ein Kammermusikkonzert nach. Am 27. Juni wird der Reigen dann mit einem "Galakonzert des jungen Ensembles" beendet, dem programmatischen Schlusslicht der Ära Meyer. Anders als die vorigen Termine mit rund 60 pausenlosen Minuten sind für die Gala zwei Stunden mit einer Unterbrechung veranschlagt sowie Orchesterbegleitung. Nicht nur dadurch soll sich der Festabend abheben: Wie Meyer am Freitag in einer Video-Konferenz erzählte, hofft er auf eine Ausnahmeregelung, um mehr als 100 Besucher zuzulassen. Bereits wenige Tage nach seinem Schlusstermin, argumentiert er, gestatte der Gesetzgeber Indoor-Veranstaltungen mit 250 Gästen.
Auch an der Finanzfront ist Meyer guter Dinge. Trotz der Einbußen durch die Corona-Sperre werde die Staatsoper ihr Geschäftsjahr "korrekt abschließen können", "es ist kein Feuer am Dach". Seinem Nachfolger Bogdan Ročić hinterlasse er Rücklagen in der Höhe von 15 Millionen Euro.