In der ersten Saison von Neo-Direktor Bogdan Roscic an der Wiener Staatsoper wird das Publikum vor dem Heben des Vorhangs von einem fotorealistischen, kolonialismuskritischen Stillleben empfangen. Am Montag wurde vor der ersten Premiere der Saison der neue Eiserne Vorhang präsentiert, für den die US-Künstlerin Carrie Mae Weems verantwortlich zeichnete - respektive fotografierte.
Als Modell für Weems fungierte R&B-Ikone Mary J. Blige. Unter dem Titel "Queen B (Mary J. Blige)" betrachtet sie sich im altmeisterlichen Setting eines barock-überladenen Tischbildes im Spiegel - gewandet in eine Mischung aus heutigem Outfit und Versatzstücken einstiger Herrschaftssymbole des Okzidents. Eine visuelle Anklage des eurozentrischen Blickregimes geht hier Hand in Hand mit einer Feier von schwarzer Schönheit und Wohlstand. "Was mich eigentlich interessiert, ist die Idee der Repräsentation an sich", wie es Weems laut Pressetext ausdrückt.
Die Position schwarzer Frauen in der Welt
Damit setzt die 67-jährige Weems die Traditionslinie ihres Oeuvres fort. So beschäftigen die gebürtige Portlanderin seit jeher die Fragen von Macht, Repräsentation und die Position schwarzer Frauen in der heutigen Welt und Gesellschaft. Mit ihren bevorzugten Medien Fotografie, Digitalbild oder Video etablierte sich Carrie Mae Weems in der US-Kunstszene und war 2014 die erste Afroamerikanerin, die eine Einzelausstellung im New Yorker Guggenheim Museum realisieren konnte.
Nun wurde sie ausgewählt, die 23. Überschreibung der 176 Quadratmeter großen Fläche des originalen Eisernen Vorhangs an der Staatsoper vorzunehmen. Bereits seit 1998 wird die Arbeit des ob seines Engagements während der NS-Zeit umstrittenen Rudolf Eisenmenger (1902-1994) in Kooperation mit dem museum in progress mit einer mit Magneten angebrachten Arbeit überhängt. (apa)