Jesus ohne Kopf. Die zerstörte Jesusfigur im Bühnenbild ist Symbol für die Grausamkeit, bei der einem der Glaube schnell abhandenkommt. Der rassistische Anschlag auf eine Baptistenkirche in Birmingham, Alabama, von 1963 ist Ausgangspunkt von Christina Hams Musical "Nina Simone: Four Women". Mit dem englischsprachigen Gastspiel des vienna theatre project eröffnet das Theater Drachengasse die neue Spielzeit.

Die dunkelhäutige Doretta Carter stellt Nina Simone im typischen Glitzeroutfit dar, sie liefert sich mit drei weiteren Zeuginnen des Anschlags - in Wien dargestellt von Achan Milonda, Kudra Owens und Shari Watson aka Truth Hurts - Dialoggefechte und sinniert über die Probleme schwarzer Frauen.

Komplexe Jazz-Ikone

Im Zentrum von "Nina Simone: Four Women" stehen jene gesellschaftskritischen Titel, denen sich die Interpretin in späteren Jahren widmete. Zu Liedern wie "Young, Gifted and Black" singt sich Carter förmlich die Seele aus dem Leib. Sie verkörpert Simone mit einer Feinfühligkeit, die dem komplexen Charakter der Jazz-Ikone gerecht wird. Stimmlich brilliert vor allem Achan Malonda als "Aunty" mit Präzision und Timbre.

"Nina Simone: Four Women" ist nur eines von zwei bürgerrechtlichen Stücken, die in dieser Saison in der Drachengasse auf dem Plan stehen. In "The Mountain Top" wird das Leben von Martin Luther King thematisiert. Die Produktionen fügen sich nahtlos in das Motto "Courage" ein, das eine Brücke zum derzeitigen Ausnahmezustand schlagen soll.