Da fehlt ein Hatschek, mein ganzes Leben habe ich für einen Hatschek gekämpft, und jetzt fehlt da schon wieder ein Hatschek." Eine Bühnenfigur in Rage, weil auf den rotglitzernden Lettern "Korosko" (slowenisch für Kärnten) im Bühnenbild das Sonderzeichen über dem s fehlt. Bis zum Ende der knapp 80-minütigen Aufführung von "Servus Srečno Kärntenpark" am Stadttheater Klagenfurt wird das Häkchen über dem Buchstaben lautstark thematisiert: "Im Zweifelsfall lieber ein Hakerle zu viel als zu wenig." Auf der Bühne bleibt Koroško jedoch Korosko. Es mag eine Nuance sein, der jedoch immense Sprengkraft innewohnt, neue Gräben aufzureißen und alte Fehden zu befeuern, die seit Generationen rumoren. Hatschek und Hakerle: Zündstoff bis heute.

History Wirrwarr

Die Ereignisse um die Volksabstimmung am 10. Oktober 1920 prägen seit 100 Jahren die Geschichte von Österreichs südlichstem Bundesland. Die Entscheidung für den Verbleib in Österreich war maßgeblich auf die Zustimmung der Kärntner-Slowenen zurückzuführen. Seinerzeit wurden der Minderheit weitreichende Versprechungen gemacht, 1955 im Staatsvertrag sogar im Artikel 7 festgehalten, zum Teil aber bis heute nicht vollständig eingelöst.

Der 10. Oktober ist in Kärnten Feiertag, Kinder haben schulfrei, es gibt Aufmärsche und Kranzniederlegungen. Vor den Feierlichkeiten zur 100-Jahr-Feier fand am Wochenende bereits die Premiere von "Servus Srečno Kärntenpark" statt, symptomatisch für den inzwischen von Versöhnung und Ausgleich getragenen Umgang mit der wechselvollen Geschichte des Landes. Zu den Premierengästen zählten neben der Klagenfurter SPÖ-Bürgermeisterin Maria-Luise Mathiaschitz auch Landeshauptmann Peter Kaiser.

Der Kärntner Theatermacher Bernd Liepold-Mosser ist geradezu prädestiniert für die fundierte Aufarbeitung der Kärntner Historie. Seit mehr als 20 Jahren arbeitet sich der 52-Jährige an diesem Thema ab. Sowohl die Entwicklung von "Servus Srečno Kärntenpark" im Stadttheater als auch die ebenfalls von Liepold-Mosser kuratierte Ausstellung "Kärnten Koroško von A - Z" in der benachbarten Stadtgalerie basieren auf Recherchen in Rahmen eines dreijährigen FWF-Forschungsprojekts. Liepold-Mosser hielt dafür an der Alpen-Adria-Universität eine Reihe von Vorlesungen, tauchte in Landesarchive ab, um zum Teil nie gesichtetes Material zu bergen - wie die Kranzschleifen für den NSDAP-Gauleiter Hubert Klausner, die in der Ausstellung zu besichtigen sind, und Originalbruchstücke eines Partisanen-Denkmals, das in den 1970er-Jahren gesprengt wurde.

Von A wie Abwehrkampf bis Z wie Zweisprachigkeit: Die Exponate in der Stadtgalerie erzählen viele Geschichten. Da sind etwa die Gemälde von Albin Egger-Lienz, Swibert Lobisser und Werner Berg, zeitgenössische Werbeplakate und Fotografien, die ins Herz der Minderheitendebatte zielen. Die Schau spart freilich auch historisch brisante Perioden wie den Partisanenkampf nicht aus - die Kärntner-Slowenen organisierten einen in der "Ostmark" beispiellosen bewaffneten Widerstand gegen das NS-Regime und wurden von den Nazis erbittert verfolgt. Weiteres Thema: der Ortstafelstreit, der in den 1970er-Jahren fast schon zu pogromartigen Ausschreitungen führte, als zweisprachige Ortstafeln zerstört und Partisanen-Denkmäler geschändet wurden.

Mit Ernsthaftigkeit und Akkuratesse nähert sich der Ausstellungsmacher Liepold-Mosser dem Großthema Kärnten, während sich der Theatermacher Liepold-Mosser mit der dunklen Geschichte des Landes erstaunlich humorvoll und leichtfüßig auseinandersetzt. Das Bühnensetting von "Servus Srečno Kärntenpark" soll einen "History-Park" darstellen, in dem Schauspieler historisch brisanten Stationen nachstellen; der Theaterabend ist so etwas wie ein Probedurchlauf vor der Eröffnung des Themenparks, bei dem so ziemlich alles schiefläuft: Bühnenchaos, History-Wirrwarr. Kärnten total auf der Bühne - von Franz Klammer bis Jörg Haider, vom Hypo-Skandal bis zu der slowenischen Großmutter, die von den Nazis gejagt wurde, vom Kärntneranzug bis zum Urlaub am Wörthersee.

Konflikte als Jux

Das Ganze geht jedoch bald in einer launigen Nummern-Revue unter: In einer Episode geht es um Romeo und Julia auf Kärntnerisch, als verfeindete Familien stehen einander ein deutschnationaler Clan und eine Sippe von Partisanen-Nachfahren gegenüber.

Das siebenköpfige Ensemble, darunter die ehemalige Burgtheater-Akteurin Petra Morzé, theatert und spektakelt fröhlich vor sich hin. Der Minderheitenkonflikt als Jux? "Servus Srečno Kärntenpark" ist ein überaus unterhaltsamer Abend, der vieles anreißt, dabei die Untiefen des Unbehagens mit der eigenen Geschichte augenzwinkernd umschifft. Das Drama Kärnten auf der Bühne: Kärnten is lei ans. Oda zwa.