Es werde Licht. Und es ward Licht. Das Volkstheater bringt Ernst Jandls szenisches Gedicht für Beleuchter und Tontechniker "Der Raum" auf die Bühne des Haupthauses und präsentiert erstmals die bombastischen Möglichkeiten der neuen Licht- und Tonanlage.
So hat man es im Volkstheater wohl noch nie donnern und krachen gehört, der wummernde Beat drückt einen förmlich in den Theatersessel. Das Bühnenlicht, es flackert, flimmert und gleißt auf Knopfdruck. Viel mehr passiert an diesem Theaterabend aber auch nicht. In der halbstündigen Performance, in der Regie von Neo-Intendant Kay Voges, erleben allein Licht und Ton ihren großen Auftritt. Kein Schauspieler stört das Spektakel, kein Wort wird auf der Bühne gesprochen, genauso wollte es der Dichter. Der Schlussapplaus gehört Lichtdesigner Paul Grilj und Sounddesigner Michael Sturm.
Ernst Jandl, 2000 im Alter von 74 Jahren verstorben, gehört zu den wichtigsten deutschsprachigen Vertretern experimenteller Literatur, ein Sprachtüftler akustischer und visueller Dichtung. Bekannt ist der Wiener Autor für lautmalerische Gedichte wie "schtzngrmm", "falamaleikum", die ihre Wirksamkeit im Vortrag entfalten, und für Wortschöpfungen wie "lechts und rinks".
Abgesang
Weniger bekannt ist Jandl als Bühnenautor, obwohl er immerhin zwei Stücke - "die humanisten" und eine in den 1980er Jahren häufig gespielte Sprechoper "Aus der Fremde" - sowie zahlreiche Hörspiele verfasste.
Im Jahr 1970 entstand "Der Raum". In dem selten gespielten Stück erteilt Jandl 50 Regieanweisungen an Licht- und Tontechniker, die sich etwa folgendermaßen lesen: "lichtsprühen sehr hell sehr hell sehr hell" oder "zischrest sehr scharf sehr sehr scharf ja schärfstens". Aus diesen knappen Anweisungen hört man Jandl förmlich heraus: Es geht stets um die Kunst der Verknappung, Verschiebung und Verdichtung.
Ursprünglich sah Jandl vor, dass "Der Raum" am Ende einer Klassiker-Inszenierung gezeigt werden soll, idealerweise am Burgtheater, als eine Art Abgesang auf den sogenannten guten Geschmack des Bürgertums. Eine Ansage der neuen Volkstheater-Intendanz? Jedenfalls ein Licht- und Tonereignis, das dem Dichter zur Ehre gereicht.