Wenn Robert Meyer im Sommer 2022 den Chefsessel der Volksoper räumt, wird sich in die unvermeidliche Wehmut ein erkleckliches Maß an Zufriedenheit mischen. Der Publikumsliebling auf dem Intendantenthron verbuchte in bisher 14 Jahren immerhin eine Auslastung von 84 Prozent. Rund vier Millionen Besucher hat er mit seinen Spielplänen gelockt, darunter 460.000 Kinder und Jugendliche.

Wobei: Die Pandemie ist natürlich nicht folgenlos am Haus vorbeigerauscht. Und die Krise ließ die Einnahmen nicht nur während des jüngsten, langen Lockdowns in den Keller rasseln, sondern zeitigt bis heute Nachwirkungen. Das Publikum strömt dem Haus seit der Öffnung am 19. Mai nämlich eher zähflüssig zu und lässt mehr Lücken im Saal, als gesetzlich nötig sind (im Mai war eine 50-Prozent-Auslastung gestattet, seit Donnerstag sind es 75 Prozent). Der kaufmännische Direktor Christoph Ladstätter entwarnt aber: Die Volksoper sei "sehr gut aufgehoben im Fallschirmsystem der Regierung", die Kurzarbeit habe einen finanziellen Absturz verhindert. Man hofft, dass die Impfrate ab Herbst "so hoch und die Angst so gering ist, dass ein normaler Spielbetrieb wieder möglich ist".

Die Saison beginnt dann mit einer Ausgrabung aus den 30er Jahren, nämlich "Roxy und ihr Wunderteam" von Paul Abraham. Die Kicker-Operette rund um eine ungarische Nationalelf beschert Hausherr Meyer einen weiteren Bühneneinsatz, Christoph Wagner-Trenkwitz kommentiert dabei ausnahmsweise Fuß- statt Opernball (ab 11. September). Weitere Neuzugänge in der Rubrik Leichte Muse: Am 4. Dezember gelangt Kurt Weills Musical "Lady in the Dark" in einer Regie von James Holmes zur Premiere, am 20. März 2022 "La Cage aux Folles" in einer Neuinszenierung von Melissa King. Die Travestie-Hauptrollen (in der vorigen Produktion von Frank Hoffmann und Karlheinz Hackl verkörpert) schultern nun Drew Sarich und Viktor Gernot.

"Rosenkavalier" am Gürtel

Fünf Premieren reichern das Opernaufgebot an: Ab 31. Oktober macht eine Neuinszenierung von Josef Ernst Köpplinger dem "Rosenkavalier" der Staatsoper Konkurrenz, im Jänner ’22 stellt sich "Boris Godunow" in der Regie von Peter Konwitschny vor, und ab 14. Mai ertönt Benjamin Brittens "Tod in Venedig" in Bildern von David McVicar. Außerdem im Kalender: Der 150. Geburtstag von Alexander Zemlinsky, gewürdigt mit einer konzertanten Fassung seiner Oper "Kleider machen Leute" (27. März), und die europäische Erstaufführung von Tod Machovers "Schönberg in Hollywood" im Kasino am Schwarzenbergplatz (9. April).

Das Staatsballett zeigt ab 30. September eine Choreografie seines Chefs Martin Schläpfer zum "Deutschen Requiem", ab 2. Februar 2022 den dreiteiligen Abend "Begegnungen" sowie - als letzte Premiere der Ära Meyer - "Kontrapunkte" mit Arbeiten von Anne Teresa De Keersmaeker, Merce Cunningham und Hans van Manen.

Dass die künftige Direktorin Lotte de Beer das Ensemble erneuert, will Meyer nicht kommentieren: Er werde sich in die Personalpolitik der Nachfolgerin "sicher nicht einmischen." Zu seinen Zukunftsplänen nur so viel: Meyer werde den Bühnen "nicht ganz abhandenkommen", ihnen aber auch nicht um jeden Preis "nachhecheln" - schließlich freue er sich auf den einen oder andern entspannten Abend in Triest.