Ein lauer Sommerabend, wie er an einem Samstag nicht schöner hätte sein können, dazu eine Liebesgeschichte in der Türkei des 16. Jahrhunderts. Die Burgruine Gars ist derzeit Schauplatz von Mozarts "Entführung aus dem Serail" mit ihren beliebten Beziehungswirren zwischen Ost und West. Der osmanische Bassa Selim hat das Liebespaar Belmonte und Konstanze entzweit. Letztere, ihre Zofe Blonde und deren Geliebter Pedrillo sind als Sklaven an ihn verkauft worden. Doch Belmonte schleicht sich als Gärtner ein und plant die Flucht für alle - was der Wächter Osmin zu verhindern trachtet.
Bereits das Bühnenbild versetzt die Zuseher mit Feigenbaum, Kerzen, Kissen und Teppichen in den Orient. Ausstattung, Bühne und Regie kommen aus einer Hand: Lisa Padouvas versteht es, mit wenigen Mitteln für die richtige Atmosphäre zu sorgen und das Publikum mit Requisiten zum Schmunzeln zu bringen. À la Mary Poppins werden immer größere Teppiche aus einer Truhe gezogen, und wenn Osmin als "Blasebalggesicht" zerknautscht wird, können sich die Kinder im Publikum vor Lachen nicht halten.
Voll und ganz geht der südafrikanische Tenor Siyabonga Maqungo in der Rolle des Belmonte auf. Vor Liebe schwelgend begibt er sich durch die Publikumsreihen auf die Bühne. Eine Stimme, wie sie märchenhafter nicht sein könnte und die Sehnsucht weckt, Maqungo eines Tages auch Bachs Kantaten oder Passionen singen zu hören.
Seine Partnerin Konstanze, eher gesungen als verkörpert von Sooyeon Lee, konzentriert sich primär auf die Wiedergabe ihrer Paradestücke. Ihre Spitzennoten meistert sie tadellos, klingt jedoch bei breiten Tönen eher angeschlagen. Dafür glänzt Tamara Ivani umso mehr und wirbelt als Blonde schauspielerisch und sängerisch über die Bühne. Ein Vergnügen ihr Flirt mit dem Aufseher Osmin, rollendeckend verkörpert vom Bariton Jacques-Greg Belobo). Ian Spinetti als Pedrillo und "Blondchen"-Verehrer wirkt auf der Bühne eher steif; im Terzett harmoniert er mit Maqungo und Belobo dafür makellos.
Pandemie-bedingt hat die Festspielleitung die Besetzung radikal verkleinert: Anstelle des Janitscharenchors unterstreichen zwei stumme Zwillinge die Macht des Bassa Salim; der Orchesterpart ist auf ein Streichquintett plus Akkordeon zusammengestutzt worden. Leider wurde auf das (Nach-)Stimmen der Saiten vergessen: Das wohlklingende Akkordeon (Nikola Djoric) konnte zwar die Bläserstimmen ersetzen, aber nicht alles retten. Herausfordernd auch der Regeneinbruch, der die Darsteller dazu zwang, ihr Spiel unter der Publikumstribüne fortzusetzen. Die Umsetzung dieses Plan Bs hätte sich etwas zügiger gestalten lassen. Immerhin: Dem Sprecher der Bassa-Rolle (Stephan Paryla-Raky) kam die Räumlichkeit zugute, da sie seiner Stimme mehr Resonanz verschaffte. Und der Stimmung im Publikum tat diese spontan entstandene Privatsphäre keinen Abbruch.