Korallen, diese komplexen koloniebildenden Nesseltiere, stehen im Mittelpunkt der Saisoneröffnungsproduktion des Kosmos Theaters. Der Text wurde von Regisseurin Milena Michalek gemeinsam mit dem Ensemble entwickelt. Und so betreffen die melancholisch "schillernden" Geschichten dieses Abends auch alle Figuren – Menschen und Korallen. Und verhandeln ziemlich viel, was dank der "Zugriffigkeit der menschlichen Spezies" (Michalek) in die hier von Sina Manthey (Ausstattung) immerhin noch in schlingernde Farbkuben getauchte "Ruinenwelt" führt.
Während die einen, Menschen, versuchen, sich und einander aus ihren prototypischen Isolationsmustern herauszusprengen, was in grandiosen sprachlichen, aber auch körperlichen Akrobatikmomenten kulminiert, zwingen sie die anderen, Korallen und Menschen, in das, was man das Artensterben nennt.
Was bleibt, ist die Reise in die Vergangenheit – mal antiker Tempel, mal Pyramide, mal Korallenriff, das eben auch schon zu den menschheitszerstörten Orten der Erinnerung gehört, wenn auch ohne große Beschilderung: "schillernder Friedhof ohne Infotafel". Die Koralle, einmal vereinzelt, gerät ins Schwanken. Das tut auch der Mensch. Das tun auch die in ihren schwarz-rot flirrenden Gewändern verlorenen Figuren, mal mit Prothesen, mal ohne, vor allem aber im Versuch, der Vereinzelung auf vielfache und vielschichte Weise den "Chor aller" (= Koralle) entgegenzustemmen, auch wenn der eigentlich nur noch trippeln kann.
Alles an dieser poetisch mäandernden Inszenierung mutet an der Oberfläche humorvoll, skurril bis absurd an und ist dabei tiefsitzend traurig und zutiefst verletzlich. Eben doch: funkelnd schön.