Karan Armstrong ist tot. Die US-amerikanische Sopranistin starb am Dienstag im Alter von 79 Jahren in Spanien.

Karan Armstrong stand lange Jahre für das Opernleben in Berlin. An mehr als 400 Abenden stand sie auf der Bühne, 24 verschiedene Rollen hat sie gesungen. Sie galt dabei als herausragende Interpretin von Rollen in Opern des 20. Jahrhunderts. Zahlreiche Wiederentdeckungen sind mit ihrem Namen verbunden, etwa auch die von Erich Wolfgang Korngolds "Die tote Stadt" und auch von Hans Werner Henzes lange kaum gespielter Oper "Die Bassariden".

Geboren wurde Karan Armstrong am 14. Dezember 1941 im kleinen Ort Havre im US-Bundesstaat Montana. Sie studierte bei der deutsch-amerikanischen Opernsängerin Lotte Lehmann. 1965 debütierte sie an der Oper von San Francisco als Musetta in Giacomo Puccinis "La Bohème".

Durchbruch in Europa

In den 1970er Jahren sang sie erste Rollen in Europa.  Während einer "Salome"-Inszenierung in Stuttgart lernte sie den ostdeutschen Regisseur Götz Friedrich kennen. Nach einem Gastspiel in Stockholm kehrte  Friedrich nicht mehr in die DDR zurück. Karen Armstrong und er heirateten. Die Ehe hielt bis zu Friedrichs Tod im Jahr 2000. Sie ließen sich in West-Berlin nieder, wo Friedrich 1981 Intendant der Deutschen Oper wurde und diese Funktion bis zu seinem Tod im Jahr 2000 ausfüllte.

Zuvor, 1979, hatte Karan Armnstrong bei den Bayreuther Festspielen ihren großen und nachhaltigen Erfolg als Elsa in Friedrichs Inszenierung von Richard Wagners "Lohengrin".

Primadonna der Neuen Musik

Karan Armstrong verfügte über eine außerordentlich gute Bühnenerscheinung und überwältigende schauspielerische Fähigkeiten, die sie zur Idealbesetzung der Frau als Femme fatale machten, als die sie in der Titelrolle von Alban Bergs "Lulu" und als verfühererische Tödin in Gottfried von Einems "Jesu Hochzeit" in Szene gesetzt wurde.

Ihrem Ruf als Primadonna der Neuen Musik wurde Karan Armstrong gerecht, indem sie Rollen gestaltete in Uraufführungen von Giuseppe Sinopolis "Lou Salomé", Luciano Berios "Un re in ascolto", York Höllers "Maître et Marguerite", und Siegfried Matthus’ "Desdemona und ihre Schwestern". Sie gestaltete auch Repertoire, das erst heute zum fixen Bestandteil der Spielpläne geworden ist. So sang sie Rollen in Alban Bergs "Wozzeck", in Claude Debussys "Pelléas et Mélisande", in Leos Janáceks "Katja Kabanova" und "Die Sache Makropulos", in Arnold Schönbergs "Erwartung", in Paul Hindemiths "Mathis der Maler", in Carlisle Floyds "Susannah", in Henzes "Die Bassariden" und in Francis Poulencs "Dialogues des Carmélites" und "La voix humaine".

Makellos schöne Stimme

Angesichts dessen gerieten ihre Interpretationen der Leonore in Ludwig van Beethovens "Fidelio" und der Rollen in Wagners "Tannhäuser" (Venus), "Lohengrin" (Elsa), "Walküre" (Sieglinde) und "Parsifal" (Kundry) nahezu ins Hintertreffen der Aufmerksamkeit.

Karan Armstrong verfügte über einen unbeschreiblich leuchtenden Sopran, eine geradezu makellos schöne Stimme, die sie, es sei angemerkt, nicht immer mit letzter Genauigkeit führte. Ihre Rollengestaltung war indessen auch vokal über jeden Zweifel erhaben. Sie sang mit einer Hingabe und einem Ausdruck, der beispiellos war und in dem sich das Studium bei Lotte Lehmann spiegelte. Was Richard Strauss über die Lehmann gesagt hat, kann mit Fug und Recht auch auf Karan Armstrong angewendet werden: "Sie hat gesungen, daß es Sterne rührte."