Es mag vielleicht auch am Thema liegen, dass Doris Uhlichs Performance diesmal einfach nicht fesseln will. Es geht nämlich um Schleim. Klebrigen, glitschigen, gelben Schleim. Und den gibt es sogar eimerweise. Schon wenn man die Halle G des Tanzquartiers betritt, vermutet man eine kommende Schleimschlacht: Es sind Bahnen mit zentimeterhohen Abgrenzungen, um eine Abtrennung zum Publikum und somit das Trockenbleiben zu gewährleisten. Und das ist gut so, denn es wird im Lauf des Abends so richtig schleimig und glitschig werden.
"Gootopia" nennt die heimische Performerin Uhlich ihre jüngste Arbeit, die am Freitag Uraufführung hatte. "Jedes Leben startet feucht (. . .)", schreibt sie im Programmblatt: "Schleim ist ein uns ursprünglich vertrauter Stoff, zu dem wir im Lauf des Lebens meist den Bezug verlieren." Und weiter: "In der Pandemie ist er gegenwärtig zu einem Stoff geworden, der mit Angst behaftet ist." Angst, sich dem Schleim zu stellen, kennt Uhlich nicht. Bereits seit dem Jahr 2006 beschäftigt sie sich mit Schönheitsidealen und Körpernormen, und widerspricht diesen mit der tatsächlichen Natürlichkeit des Menschseins.
So auch in "Gootopia": Die sechs Performer (Pêdra Costa, Ann Muller, Andrius Mulokas, Emmanuel Obeya, Camilla Schielin, Grete Smitaite) sind - wie bei Uhlich üblich - nackt. Lediglich Gummistiefel oder Daunenjacken dienen als Requisite, die man mit zähflüssigem Schleim füllt oder übergießt. Ein wenig erinnern die unterschiedlichen Szenen, die im Bühnen- und Zuschauerraum stattfinden, an Stationentheater: Die Zuseher wandern umher, können die unterschiedlichen Aktionen von allen Seiten betrachten. Manch einer bleibt lieber in der Entfernung sitzen. Man weiß ja nie, ob sich nicht doch noch ein Spritzer über die Begrenzung wagt, wenn sich einer der Performer mit lautem Klatschen einen riesen Schleimberg auf den Kopf wirft. Ein anderer wiederum, stopft sich den Schleim in den Mund und gurgelt absonderliche Geräusche ins Mikro.
Kindheitserinnerungen
Es sind gleichzeitig stattfindende Episoden, die - nicht einmal grauslich ekeleregend, weil die Substanz richtig künstlich wirkt - zeigen, was man mit Schleim so alles machen kann. Kindheitserinnerungen an das grüne "Slime" der 80er Jahre werden wach. Doch das hatte noch dazu Würmer!
Es sind wenige Momente, die in "Gootopia" poetisch anmuten: Etwa, wenn die eingeschleimten Körper einen Performer ähnlich einem Geburtskanal durchrutschen lassen, oder sich die Darsteller seitlich am Boden liegend in Schlangenlinien durch den Raum bewegen. Ansonsten wird geklatscht, geschmatzt, die glibberige Masse auf Körpern und Boden verteilt und an Wände geklebt. Dazu Boris Kopeinigs Sounddesign zwischen Beat und Stille. Eine bestens und routiniert in Szene gesetzte Performance, doch mit wenigen raffinierten Momenten.