Der große Monolog "LOVE/An argumentative exercise" der israelischen Autorin Sivan Ben Yishai hat seit seiner Uraufführung 2019 eine Reihe an Interpretationen erlebt, die vom Solo über Triobesetzung bis zum nun am Kosmos Theater typologisch aufgespannten Frauenquartett reichen.

Der Themenbogen: weibliche Sexualität und was es braucht, um in (oder eben mal auch ohne feste) Beziehung Befriedigung zu finden - und nein, nicht "praktischer Sex", sondern der "vollständige Orgasmus". Wann "frau", im konkreten Falle die 40-jährige Olivia Öl, das Empfinden dafür verliert, weil der Partner - hier: Popeye der Seemann - neben ihr dazu keinen Raum lässt (und schon gar kein Bewusstsein dafür entwickelt). Und ob es dann für die alternde "crazy Tigerin", wie es die letzte, lange, vielstimmig deklamierte Postpartnervision hoffnungsgetränkt zumindest träumen lässt, noch so etwas wie ein Wiederfinden im selbstbestimmten erotischen Erregungskosmos geben kann.

Keine kleinen Fragen also, die Regisseurin Anna Marboe variationsreich auf die Bühne aus rosa Giga-Vagina-Sofa und Riesen-Stoffbeutel-Brüsten stemmt. Die Darstellerinnen tauschen die geschlechtlichen und ideellen Rollen und parlieren, mal chorisch und gegen Ende hin auch in berührenden Solos, tanzen und singen vom Finden (Partner/schaft und "Harmonie") und Verlust (sich selbst), was der weibliche Körper auf seiner ewigen Suche nach dem Ende der Tabus eben hergibt. Kollektive Selbstkritik über die Tücken des Feminismus auf hohem (Unterhaltungs-)Niveau.