Gerald Gröchenig von der IG Kultur hat am Montag die Ergebnisse der dreijährigen, europaweiten Studie "Audience Segmentation System in European Theatres" (ASSET) im Theater in Klagenfurt präsentiert. Unter dem Titel "Kulturarbeit für wen?", wollte man herausfinden, wie man Publikum hält, zurückgewinnt und wie man neues Publikum für sich gewinnen kann. Aus Österreich war Wien mit vier Theatern vertreten, dazu kamen je vier Theater aus Prag, Helsinki, Sofia und Zagreb.
Die vier Wiener Theater waren Werk X-Petersplatz, brut, Dschungel und Schubert Theater. Der Studienzeitraum vom 1. Oktober 2018 bis zum 31. Juli 2021 umfasste auch die Coronapandemie. Zwei wichtige Erkenntnisse der Studie dazu sind, dass rund ein Drittel des Theaterpublikums aus Angst nicht mehr komme, weil "sie älter sind oder anderweitig zu Risikogruppe gehören", sagte Gröchenig. Weiters habe die Pandemie dazu geführt, dass jenes Publikum, welches generell nicht stark im Theater vertreten ist, noch weniger komme: Menschen mit Migrationshintergrund oder aus sogenannten unteren sozialen Schichten. Auch beim Theater habe die Pandemie die Ungleichheit verstärkt und eine Öffnung der Theaterperspektive verhindert.
"Es gibt kein Durchschnittspublikum", hielt Gröchenig fest. Aus diesem Grunde, habe man die 7.575 Fragebögen, die hauptsächlich aus geschlossenen Ratingskalen und ein paar wenigen offenen Fragen bestanden, in insgesamt zwei Cluster und neun Segmente eingeteilt. Das erste Cluster waren diejenigen, die eine klare inhaltliche Präferenz beim Theaterbesuch haben: Fans des Klassischen, Liebhaber von Stars, Talentsucher, Freunde des Zeitgenössischen und Entdecker. Diejenigen ohne inhaltliche Präferenz sind Mainstreamer, die Überredbaren, die Wählerischen und die auf der Kulturweide. Letztere sind solche, die überhaupt keine Vorlieben haben.
"Das Theater ist weiblich"
Die weitaus größte Gruppe sind mit 27 Prozent die Mainstreamer, sowohl im europäischen Vergleich als auch in Österreich. Sehr eindeutig war hier auch die Geschlechterverteilung: In Europa sind es 74 Prozent Frauen und 26 Prozent Männer, in Österreich ist es mit 65 und 35 Prozent etwas ausgeglichener, trotzdem stellte Gröchenig fest: "Das Theater ist weiblich." Eine weitere Erkenntnis ist, dass 51 Prozent über die Vorstellung durch die altmodisch anmutende Mundpropaganda erfahren haben. Wobei dazu natürlich auch elektronische Nachrichten an Bekannte zählen.
Allerdings hielt er auch fest, dass die Ergebnisse nicht eins zu eins vergleichbar seien. Das hänge schon mit den unterschiedlichen Theatern zusammen, gehören die teilnehmenden Wiener Theater nicht zu den ganz großen Häusern. In Helsinki hat mit dem Kansallisteatteri hingegen das finnische Nationaltheater teilgenommen. Interessant ist auch die Entscheidungsfindung des Publikums, so war sowohl in Europa mit 4,2 als auch in Österreich mit 4,0 von fünf Punkten das wichtigste Kriterium das Thema im Theater. Es folgten: Cast (Europa 4,0 / Österreich 3,3); Autor/Regie/Komponist etc. (3,7 / 3,2); Veranstaltungsort (3,5 / 2,9); Ticketpreis (3,0 / 2,5).
Das unter anderem von der Europäischen Union geförderte Projekt hat insgesamt 275.289 Euro gekostet, 37.210 Euro davon entfielen auf Österreich. Als nächstes plant die IG Kultur ein ähnliches Projekt, aber regional für Salzburg, sodass die Ergebnisse etwas relevanter für den österreichischen Raum sein sollen. Aber die IG stellt die Fragebögen auch auf ihrer Homepage kostenfrei zur Verfügung, damit alle Theatermachende bei Interesse selbst Umfragen in ihren Häusern durchführen können. (apa)