Ein Musical ausgerechnet nach "Fanny und Alexander"? - Ein Musical ausgerechnet nach "Fanny und Alexander"! Das Stück nach Ingmar Bergmans filmischem Schwanengesang voller psychischer und physischer Gewalt gegen Frauen und Kinder ist ein Auftragswerk des Landestheaters Linz und läuft im Schauspielhaus mit großem Erfolg.

Der stellt sich völlig zu Recht ein: Die Norweger Øystein Wiik (Buch und Gesangstexte) und Gisle Kverndokk (Musik) übertünchen weder die Abgründe, noch übersüßen sie den Zufluchtsort Familie. Es ist ein sehr skandinavisches Werk, voller schwedischer Abgründe und norwegischer Seelennacht.

Kverndokks Musik ist eigenartig: Wirkungsvoll, aber zu sperrig, um ins Ohr zu gehen, harmonisch avanciert, oft dunkel und heftig, nahezu durchkomponiert. Das Arrangement (mit zu viel Keyboard, das der musikalische Leiter Tom Bitterlich selbst betreut) macht das Stück klanglich zum Musical, kantiger instrumentiert, würde es an Operntüren anklopfen.

Es ist ein Kreuz mit dem Kreuz: Sanne Mieloo und David Arnsperger. - © Reinhard Winkler
Es ist ein Kreuz mit dem Kreuz: Sanne Mieloo und David Arnsperger. - © Reinhard Winkler

Die Linzer Produktion ist fulminant: Matthias Davids inszeniert in Hans Kudlichs ungeheuer suggestiven Bühnenbildern. Eine Albtraumszene jagt Schauer über den Rücken, und wenn David Arnsperger als gefühlsvertrockneter Bischof den Buben Alexander züchtigt, stockt der Atem. Das gesamte Ensemble agiert darstellerisch wie gesanglich auf denkbar hohem Niveau, Franziska Stanner (Helena), Sanne Mieloo (Emilie), Klaus Brantzen (Isak) bleiben nachhaltig in Erinnerung und seien stellvertretend für alle genannt. Hinreißend der 13-jährige Matthias Körber als Alexander - das ist mehr als nur kindliche Spielfreude, hier kündigt sich eine besondere Bühnenbegabung an.

"Das ist eigentlich kein richtiges Musical", merkte eine Zuseherin an. Stimmt. Gut so!