Ibsens "Der Volksfeind" ist so etwas wie das Stück der Stunde. Am Beispiel eines Kurortes verhandelt der Autor unsägliche Verquickungen von wirtschaftlichen und politischen Interessen, die seit gut einem Jahrhundert zulasten der Natur gehen. Im "Volksfeind" findet ein Kurarzt heraus, dass die Heilquelle verseucht ist. Anstatt umgehend zu handeln, stempeln ihn die Honoratioren des aufstrebenden Ortes zum Feindbild ab.
Regisseurin Anne Bader bringt am Landestheater Niederösterreich eine extrem destillierte Fassung auf die Bühne, die viel von der Komplexität der Originalvorlage missen lässt. Ece Anisoglus Kostüme sind ganz in Wollweiß und Beige gehalten - eine elegante Welt, gleichwohl dem Untergang geweiht. Aus Ibsens Sozialdrama wird in St. Pölten ein Öko-Drama. Wobei Bader die Männerriege konsequent feminisiert: Der Kurarzt und der Bürgermeister sind bei Ibsen Brüder, bei Bader wird aus dem Bruderzwist ein nicht minder hartes Gefecht zwischen Bruder und Schwester, mit Bettina Kerl als eiserner Lady, die Michael Scherff als weltfremden Softie und Gutmensch, wegbläst wie nichts.
Auch die Klimabewegung kommt auf die Bühne: Laura Laufenberg verkörpert die Tochter des geschmähten Kurarztes und bewirft einmal das Bühnenbild, ein tourismustaugliches Alpenpanorama, mit grüner Farbe. Die gute Absicht kann man der 90-minütigen Aufführung jedenfalls nicht absprechen.