Seit langem fordert die heimische Performance-Szene zusätzliche Probenräume, die auch leistbar für Künstler sind. Am Montag, 20. Februar, war es nun so weit: Am Rennweg 79-81 im 3. Wiener Gemeindebezirk und in der Seestadt (22. Bezirk, Am-Ostrom-Park 11) wurden Studios und Co-Working-Spaces eröffnet, die von der Stadt Wien gefördert sind. Die Organisation übernimmt das Impulstanz-Festival mit Rio Rutzinger, dem jahrelangen Kurator von Workshops & Research. Im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" stellt er das Projekt vor.

"Wiener Zeitung": Für neue Proberäume gab es ja immer wieder Anläufe, aber irgendwie haben sich diese dann in Luft aufgelöst.

Rio Rutzinger: Ja, vor eineinhalb Jahren etwa. Da ist die Szene in Medienberichten als zu dumm dargestellt worden, die vorhandenen Räume im Brut Nordwest zu nutzen. Und das hat Karl (Anm., Regensburger, Intendant des Impulstanz-Festivals) verärgert. Wir haben begonnen mit der Stadt Wien, Brut und den Festwochen zu sprechen und sind auf das tatsächliche Problem gekommen, das ein steuerrechtliches ist. Nämlich, dass man nicht an Personen vermieten darf, die nicht vorsteuerabzugsfähig sind. Und deswegen sprachen wir noch einmal mit unseren Steuerberatern und Anwälten. Es hätte jedoch keine zusätzliche Förderung gegeben. Somit konnten wir die Organisation nicht übernehmen. Das hätte mit unserem ohnehin knappen Budget nicht funktioniert und wir wären ins Minus geschlittert. Letzten Sommer gab es hingegen zwei Ereignisse.

Welche waren das?

Die Studios, die Impulstanz über den Festivalzeitraum anmietet, sind in Wien verstreut. Letzten Sommer hat es sich dann ergeben, dass zwei Studios von den bisherigen Besitzern aufgegeben wurden. Das eine war ein Ballettstudio in Wien-Rennweg, das wir schon von unserem Sommeranmieten gekannt haben. Das sind richtig schöne Räumlichkeiten, die nicht erst für Tänzer und Performer adaptiert werden müssen. Dort befinden sich nämlich drei Studios von jeweils ungefähr 140 Quadratmetern, und eines davon hat sogar eine Tribüne, dazu kommen Nebenräumen und eine richtig schöne Aula für Treffen und einen Austausch der Künstler. Als ich das hörte, habe ich mich an die Stadt Wien gewendet, die dafür ein offenes Ohr hatte. Aber Impulstanz musste zuerst ausgiebig recherchieren, was es bedeuten würde, ohne dabei Verluste bei Förderungen hinnehmen zu müssen beziehungsweise dafür Förderungen zu erhalten. Veronica Kaup-Hasler (Wiens Kulturstadträtin, Anm.) war an diesem Thema besonders interessiert.

Eines der Studios in der Seestadt. - © Impulstanz
Eines der Studios in der Seestadt. - © Impulstanz

Und die zweite Räumlichkeit, von der Sie vorher gesprochen haben?

Das Projekt des Vorgängers im 22. Wiener Gemeindebezirk ist leider gescheitert. Wir haben dann festgestellt, dass es eigentlich ein Turnsaal war, der niemals fertiggestellt wurde. Der Bezirk und die Stadt Wien haben sich bei den notwendigen Investitionen unterstützend eingemischt. Wir haben jetzt einmal einen Dreijahresvertrag mit der Stadt für Förderungen für beide erhalten. Am Montag, 20. Februar, sind sie eröffnet worden, und Reservierungen gibt es auch schon. Ich hoffe und denke, dass am Rennweg mehr das Szenetreffen sein wird und in der Seestadt der konzentriertere Arbeitsraum, weil dort der große Saal ein Endprobenraum mit theaterähnlichen Bedingungen werden soll.

Wie hoch ist die Miete?

Aufgrund der Unterstützung der Stadt Wien können wir beispielsweise am Rennweg die beiden kleineren Studios um 340 Euro und das größere um 370 Euro pro Woche 24/7 vermieten. Das Nette an den Studios ist, dass sie sehr hoch sind und somit auch für zeitgenössischen Zirkus geeignet sind.

Das Studio 3 am Rennweg. - © Impulstanz
Das Studio 3 am Rennweg. - © Impulstanz

Und für welches Zielpublikum sind diese Räumlichkeiten denn angedacht?

Generell für zeitgenössischen Tanz und Performance, aber auch für zeitgenössischen Zirkus und Theater für junges Publikum. Es ist nicht gedacht für Workshops oder kommerzielle Verwendung. In den fünf Wochen des Impulstanz-Festivals nutzen wir sie selbst.

Was bedeutet es für Impulstanz, wenn die Räume leerstehen oder kaum gemietet werden?

Wir rennen in ein Minus und müssen es mitfinanzieren. Aber es ist nicht mit einer Vollauslastung, sondern mit 40 Wochen Auslastung budgetiert, denn alles andere wäre unrealistisch. Schauen wir einmal, aber ein bisschen positiv gedacht sind auch die 40 Wochen. Wir müssen uns überlegen, wie wir die Stehzeiten für die Szene nutzen werden.

Sie meinten eben, dass die Budgetierung positiv gedacht sei. Weshalb? Gibt es weniger Performer seit Corona?

Nein, ganz im Gegenteil. Wir haben hier keine Szene wie etwa in Belgien und Frankreich, wo Ausbildungsstätten ständig neue Künstler ausspucken und grundsätzlich bessere Bedingungen für Freischaffende herrschen, wie etwa mit einer Künstlerversicherung. Aber unsere Szene ist wachsend, spannend, divers und mit den Koproduktionshäusern gut unterstützt. Wir haben viele kleine Player, die zurückkommen oder überhaupt hierher auswandern. Was mir Sorgen macht, ist, dass mit Ende 2023 einige niederschwellige Arbeitsräume im 10. und 21. Wiener Gemeindebezirk aus Immobiliengründen wegfallen werden. Aber die Politik und Künstlerinitiativen sind dahinter, das vorhandene Netz aus Arbeitsräumen zu erhalten und neue zu finden.