Seit rund 25 Jahren ist Claudia Bosse nicht aus der heimischen Performance-Szene wegzudenken. Die 54-Jährige lebt in Wien sowie Berlin und leitet die transdisziplinäre Konstellation theatercombinat. Die Produktionen der Regisseurin, Choreografin und Künstlerin thematisieren politische Stoffe ebenso wie hybride Materialkonstellationen und eröffnet dem Publikum einen performativen Raum zwischen Sprache und Körper, Choreografie, Installation, Performance und Ritual. Um hybride Körper geht es auch in ihrer jüngsten Arbeit, die morgen, Donnerstag, im Tanzquartier Wien uraufgeführt wird.

"Bones And Stones" handelt davon, "einen Raum zu entwerfen, in dem man vielleicht einen Zugang bekommt zu anderen Zeiten, die in unserer Umgebung eingelassen sind, zu einem anderen Wissen oder zu einem anderen Verstehen wie unser Planet entstanden ist", erklärt Bosse im Vorfeld der Premiere im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Denn: "Bezogen auf die Entwicklungsgeschichte unseres Planeten sind wir nur wie ein bisschen Dreck unter dem Fingernagel."

Assoziativer Raum

In Szene gesetzt hat Bosse diese Produktion mit sechs Frauen im Alter zwischen 24 und 78 Jahren. "Die meisten sind Tänzerinnen. Wir versuchen mit ihren Körpern, einen assoziativen Raum zu entwerfen, der von den Besucherinnen und Besuchern durchgangen werden kann", fügt die Künstlerin hinzu. Dieser Raum wird während der Dauer des Stücks mit verschiedenen Elementen wie Knochen und Steine verändert. "Zu diesen Elementen erproben wir verschiedene Bezugnahmen und denken zugleich über die Veränderbarkeit, oder auch über ein anderes Zusammenleben mit diesen nach. Da gibt es Facts, die man vielleicht nicht weiß", meint Bosse. Und welche wären das? Einige, ist Bosse überzeugt: "Wie zum Beispiel Farbe in die Steine gekommen ist, und dass eigentlich irgendwann dieser Planet aus Gasen und Schmutz entstanden ist. Oder auch, wie lange dieser Planet in welchem Zustand war und welche Zusammenhänge dazu geführt haben, dass Sauerstoff entstand."

Die Regisseurin, Choreografin und Künstlerin Claudia Bosse prägt seit inzwischen 25 Jahren die Szene. - © Elsa Okazaki
Die Regisseurin, Choreografin und Künstlerin Claudia Bosse prägt seit inzwischen 25 Jahren die Szene. - © Elsa Okazaki

Zugleich versucht die Choreografin in dieser neuen Arbeit, die Ähnlichkeiten von Körpern und Steinen aufzuspüren. "Immerhin haben wir in unseren Knochen einen großen Anteil an anorganischem Material wie etwa Salze. Gleichzeitig sind die Knochen aber auch Organe, die unseren Körper erst aufrecht- und zusammenhalten."

Auch von hybriden Körpern ist in der Ankündigung auf der Website des Tanzquartiers die Rede, gemeint sind dabei aber keinesfalls Cyborgs: "Das Hybride ist in Bezug zum Körper zu verstehen, nämlich wie er sich erweitert oder indem er versucht, Bewegung etwa von den Knochen ausgehend zu beginnen", sagt Bosse. Dieser Abend sei gleichzeitig ein Berühren von sehr unterschiedlichen Daseinsformen, die vielleicht manchmal nicht mehr menschlich anmuten würden. "Diese sechs tollen Frauen verknüpfen sich mit den Steinen, die Zeuge von mehr als 300 Millionen Jahren Geschichte sind. Und zugleich erfinden sie auch Körper, die fremde Knochen an ihren Außenseiten tragen."

Bosse stellt in dieser Performance viele Fragen, "auf die wir keine Antwort haben". Aber vielleicht beeinflussen genau diese Fragen das eigene Denken, "wie unsere Zukünfte sein können, und ob diese verschiedenen Vergangenheiten, die auch im Material wie den Steinen gespeichert sind, ein Teil unseres Denkens sein können".