Am Ende eines Tages, der mit milden Temperaturen und Sonnenschein Frühlingsgefühle weckt, klingt der ohnehin ergreifende Gefangenenchor im "Fidelio" noch berührender. "O welche Lust, in freier Luft den Atem leicht zu heben! Nur hier, nur hier ist Leben!" Diese Passage gehört zu den Glanzstücken in Ludwig van Beethovens Opernsolitär und wird von den Herren des Staatsopernchores stets mit großer Hingabe und Glaubhaftigkeit dargeboten. So auch am Mittwoch. Die aktuelle Serie vereint eine überzeugende Besetzung und einen Dirigenten mit einem Händchen für stimmige Tempi. Unter der Leitung von Axel Kober zeigte sich das Orchester bei der Wiederaufnahme animiert und spritzig. Energetischer Höhepunkte wurde einmal mehr die eingeschobene Leonoren-Ouvertüre. Anja Kampe kämpfte mit vokaler Kraft und Inbrunst um den Gatten. Wie sehr Beethoven die ausführenden Sänger an die Grenzen des Erfüllbaren bringt, machte Brandon Jovanovich als Florestan deutlich. Mit Präsenz und Ausdrucksstärke zog Jochen Schmeckenbecher als kantiger Gouverneur Don Pizarro die Blicke auf sich. Die 246. Vorstellung der Inszenierung von Otto Schenk (welche im Mai 1970 ihre Premiere erlebte) war getragen von ausgesuchter Wortdeutlichkeit. Ein hervorragendes Rollendebüt gelang dem Buffo-Paar Daniel Jenz als Jaquino und Slávka Zámečníková mit ihrer Traumstimme als Marzelline. Christof Fischesser überzeugte als Rocco. Nobel zurückhaltend gab sich Martin Häßler als Don Fernando.