Man kann Lydia Haider keine feine Klinge nachsagen, nicht in ihrem Schreiben, nicht in ihren Themen. Und so liefert auch ihr neues Buch "Du Herbert" - gemeinsam mit Judith Goetz, die erklärende Kommentare liefert, und Marina Weitgasser, die für die Screenshot-Sammlung verantwortlich zeichnet - keine tiefgründigen, aber umso abgründigere Einblicke in maskuline Monstrositäten.
Entstanden sind ihre Kalendergeschichten des Grauens auf Basis von 441 orf.at-Chronik-Nachrichten über Gewalttaten des Jahres 2020. Eben jene Medien-"Shots" sind es auch, die als Teppich, Tapete und Projektion den Raum von Antje Schupps performativer Umsetzung für das Schauspielhaus dominieren.
Gespielt wird in einem an drei Seiten zum Außenraum hin sichtoffenen Kubus auf dem Heldenplatz, gleich neben Papstkreuz und Heldentor, in dem Haiders "Komposition" der Grausamkeiten auf Lehmbüsten-Opfer, Waffenarsenal und rasch von Weih- und Blutwasser durchtränkte Rauminstallation trifft. Schupp splittet den titelgebenden, über alle Bundesländer und Monate hinweg metzelnden patriarchalen Prototypen in zwei Sprecherinnenkörper, Vera von Gunten und Clara Liepsch, die sich dem Text mit körperlichem Einsatz bis zum Äußersten aussetzen.
Haiders zitatenreich ausgestattetes "Evangelium" toxischer Machtstrukturen wird so szenisch gut bedient, ihm Gewaltakt um Gewalttat, Bluttat um Blutbad gefolgt, jedoch letztlich nichts entgegengesetzt. Ihre Kraft verdankt die Performance vor allem den beiden Darstellerinnen.