Was für ein Muttertag! Opa Neugebauer, der ins Heim abgeschoben werden soll, setzt sich aufs Meerschweinchen von Enkel Mischa, der für Mama Neugebauer ein elektrisierendes Küchenmesser bastelt; im Drogeriemarkt wird ein Kaufhausdetektiv mit Eisbärenkopf erschossen; die Kirchengemeinde hört mit, wie Papa Neugebauer mit seiner Affäre streitet; und auch sonst geht es recht chaotisch zu rund um Familie Neugebauer. Die Geschichte, die Alfred Dorfer und Roland Düringer 1991 mit ihrer Gruppe Schlabarett auf die Kabarettbühne brachten (Regie: Erwin Steinhauer), sorgte nur zwei Jahre später auch im Kino und danach regelmäßig im Fernsehen für Furore.

Zum 30-jährigen Jubiläum des Films "Muttertag - Die härtere Komödie" feiert nun am 6. Mai eine neue Bühnenfassung im Theater Forum Schwechat Premiere. Regie führt Andi Hallwaxx, und neben Olivier Lendl, Manuela Seidl, Hubert Wolf und Adriana Zartl ist auch Reinhard Nowak mit dabei, der "Muttertag" sowohl auf der Bühne als auch vor der Kamera gespielt hat. Im Doppelinterview erläutern Hallwaxx und Nowak, warum diese bissige Satire mehr als reine Blödelei ist.
"Wiener Zeitung": Was wurde gegenüber der originalen Bühnenfassung von 1991 verändert?
Reinhard Nowak: Sehr wenig. Wir spielen den Originaltext mit den ganzen politischen Unkorrektheiten, die man heute so nicht mehr schreiben würde. Teilweise sind da echt arge Schimpfwörter dabei, die wir damals auf der Bühne gesagt haben, aber im Film dann nicht verwenden durften.
Andi Hallwaxx: Aber wir sagen sie jetzt wieder auf der Bühne.
Aber gibt es Gags, die im Jahr 2023 tatsächlich nicht mehr gehen?
Hallwaxx: Es hat eine Ausländersequenz gegeben, die wir jetzt rausgenommen haben. Und im Film gab es auch ein Blackfacing, das wir jetzt auch nicht machen.
Nowak: Ganz am Schluss habe ich einen dunkelhäutigen Kellner gespielt. Das war auch kein Teil der ersten Bühnenfassung.
Hallwaxx: Aber im Prinzip haben wir es so belassen, weil es ja auch ein Zeitdokument ist. Und die österreichische Seele hat sich in dem Sinn nicht so wirklich verändert in den vergangenen drei Jahrzehnten. Was wirklich extrem ist, machen wir nicht.
Nowak: So arg war und ist es ja auch wieder nicht.
Hallwaxx: Trotzdem wird es auch eine kleine Überraschung geben.
Nowak: Auch für die Leute, die die Geschichte schon kennen. Es haben ja so viele den Film schon so oft gesehen, dass wir sicher keinen Souffleur brauchen werden.
Hallwaxx: Manche Phrasen wie "I sags glei, i woars net" sind ja sogar in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen.

Besteht nicht die Gefahr, dass am Ende das Bühnenstück manche gegenüber dem Film ein bisschen enttäuscht?
Hallwaxx: Das Theater hat eine ganz andere Magie und eine ganz andere Direktheit. Es war ja ursprünglich ein Theaterstück, das spürt man in jeder Ecke. Es ist eher der Film aufgeblasen, aber die Purheit und die Klarheit des Stückes ist eigentlich direkter und viel lustiger.
Nowak: Wir spielen wirklich alle Figuren, die im Film eine andere Besetzung hatten. Das macht es halt auch aus, diese schnellen Umzüge, Figuren- und Szenenwechsel.
Hallwaxx: Bis auf Reinhard sind es andere Schauspieler, es ist eine andere Regie, wir haben 2023 - natürlich hat es insgesamt einen anderen Touch. Es ist optisch anders.
Nowak: Bühne ist immer ein anderes Erlebnis. Kabarettaufzeichnungen im Fernsehen zum Beispiel finde ich vollkommen entbehrlich und unlustig, meistens öd. Ich kann mir solche TV-Aufzeichnungen überhaupt nicht anschauen. Auf der Bühne ist es einfach lustiger, direkter, man spielt mit dem Publikum und spricht es an, man lacht gemeinsam. Es ist etwas ganz anderes.
Wie lang haben Sie nachgedacht, als die Anfrage kam?
Nowak: Schon ein bissl, aber nicht sehr lange. Den Andi kenne ich ewig, aber wir haben noch nie miteinander gearbeitet. Das hat mich einmal interessiert.
Hallwaxx: Für uns ist es genial, dass wir den Reinhard als Zentrum haben, um den wir das Stück herum bauen können. Er kennt ja beide alten Fassungen - das hat einen gewissen Reiz . . .
Nowak: . . . auch für mich, die alten Rollen noch einmal zu spielen, jetzt aber eben mit der jahrzehntelangen Erfahrung, die ich auf der Bühne gesammelt habe. Und den Vater jetzt im richtigen Alter zu spielen. Dafür ist es jetzt schwieriger, die Kinder zu spielen, mit meinem Ischias. Das war ja damals ein Thema bei der Filmförderung: Vom ORF her haben sie uns lange gesagt, das geht nicht, Erwachsene können keine Kinder spielen. Aber Monty Python haben schon Jahre davor bewiesen, dass das sehr wohl geht. Und nach drei oder vier Drehbuchänderungen haben wir es dann damals doch durchgebracht.
Legen Sie Figuren anders an als vor dreißig Jahren?
Nowak: Nicht wirklich. Einige Szenen fühlen sich noch genauso an wie damals, bei anderen wiederum weiß ich ehrlich gesagt gar nicht mehr so wirklich, wie es damals war. Und es ergibt sich eigentlich eh vom Text her, wie man es zu spielen hat. Beim Eisbären kann ich mich zum Beispiel gar nicht mehr daran erinnern, wie ich ihn gespielt habe, das mache ich aus dem Bauch heraus. Es war ja damals auch unser allererster Film, und ich hatte noch kaum Bühnenerfahrung. Heute habe ich natürlich ein hundertmal besseres Gefühl für Timing und weniger Lampenfieber.
Hallwaxx: Man muss natürlich auch einiges einfach neu machen. Das Stück ist das gleiche, aber die Situation und die Optik sind einfach anders.
Anfang der 1990er Jahre hat ja eine Hochblütezeit für das österreichische Kabarett begonnen. Welche Rolle hat da der "Muttertag"-Film für Ihre Karriere gespielt?
Nowak: Bei mir und Roland Düringer war es eigentlich eher dann der "Kaisermühlen-Blues". Damals gab es ja nur ein bis zwei Handvoll Kabarettisten, inklusive Gruppen, jetzt gibt es fünfhundert. Da war es also auch einfacher, populär zu sein.
Ist "Muttertag" eigentlich eine reine Satire oder gibt es eine Botschaft dahinter?
Hallwaxx: Das ist eben genau der Witz, und das kommt gerade beim Bühnenstück so gut heraus: Erst glaubt man, das ist reine Blödelei, aber das ist es eben nicht. Es schaut der österreichischen Seele sehr tief rein. Man erkennt dieses System, dass man als Österreicher ziemlich böse sein kann - lieb, fein und böse. Und das geht viel tiefer, als man denkt. Da finde ich den Film viel klamaukhafter als das Stück.
Nowak: Ich glaube, dass Alfred Dorfer und Roland Düringer das damals ganz bewusst so geschrieben haben und nicht nur als Klamauk.
Hallwaxx: Sie haben vieles so gut auf den Punkt gebracht. Es sind so knappe Sätze, aber mit vier Sätzen beschreiben sie eine ganze katholische Kirche oder wie so eine Familie offensichtlich ein ganzes Jahr hindurch funktioniert. Mehr brauchen sie dafür nicht. Und diese Reduktion ist genau das, was das Ganze so böse macht. Es trifft genau und ist dadurch auch wieder ernsthaft. Aber das steht nicht im Vordergrund, in erster Linie soll es unterhalten.