Wie oft ist ein Opernbesuch ein vollkommenes Kontrastprogramm zur nüchternen Realität und den weltpolitischen Ereignissen. Am Sonntag ließ sich dieser Umstand besonders stark beobachten. Ein Muttertag, begleitet von anhaltenden Regengüssen und Wahlen in der Türkei als Gesprächsstoff. Abends hob sich dann zum 641. Mal der Vorhang an der Staatsoper zu Puccinis "Tosca" in der Inszenierung von Margarete Wallmann. Viele im Publikum empfanden ein vertrautes Gefühl, wohingegen vor allem Touristen hörbar staunten über das imposante Bühnenbild, spätestens nach der zweiten Pause, wenn im dritten Akt die Sterne über der Engelsburg rotgold leuchten.
"E lucevan le stelle": Piotr
Beczała präsentierte sich in absoluter Hochform als Mario Cavaradossi. Kraftstrotzend (Vittoria-Rufe!), kernig, viril und mit starker Ausstrahlung. Langanhaltende Beifallsstürme wurden mit einer Wiederholung der Arie belohnt. Wie ein Samthandschuh schmiegte sich die Klarinette an die Stimme, umspielte sie bittersüß. Puccinis "Tosca" und das Orchester der Staatsoper (bei der aktuellen Serie unter Giampaolo Bisanti): eine herrliche Kombination.
Der infame Scarpia hätte nicht besser besetzt sein können als mit Bryn Terfel. Vor kurzem noch Teil der Krönungszeremonie von Charles III., nun in diesem Bühnen-Rom mit akkurater Körpersprache und tiefschwarzem Gestus eine die Konzentration voll auf sich ziehende Wucht. Kein leichtes Spiel hatte die Titelheldin neben derlei Kapazundern. Maria Agrestas Tosca hat Potenzial, tadellos gelang ihr "Vissi darte".