Pussy Riot und Vaclav Nijinsky. Scheinbare Gegensätze, nicht jedoch für Christine Gaigg. Ihre Uraufführung "DeSacre!" in der Josephskapelle der Präsidentschaftskanzlei ist "Aufklärung mit Fingerspitzengefühl", so Bundespräsident Heinz Fischer, der am Mittwoch zu diesem Event lud, das die bis Sonntag dauernde Reihe "Feedback" des Tanzquartier eröffnete.
100 Jahre sind vergangen, seit Vaclav Nijinsky in Paris mit Strawinskis "Sacre du printemps" das Balletts-Russes-Publikum empörte. Sein Frühlingsopfer - mit dem Untertitel "Bilder aus dem heidnischen Russland" - führte aufgrund seiner "Primitivität", so damalige Kritiker, zu einem Skandal.
Mediale Bilder aus Moskau
Heute sind es medial verbreitete Bilder aus Russland, genauer gesagt aus Moskau, die empören: 2012 wurden Mitglieder der Punkrock-Band Pussy Riot nach einer 40 Sekunden dauernden Aktion in der Christ-Erlöser-Kathedrale verhaftet. Choreografin Gaigg gelingt nun in ihrer detaillierten Analyse, jene Szenen der Kunstaktion von Pussy Riot thematisch mit Zitaten aus der Originalchoreografie von Nijinsky zu verknüpfen. Sie baut mit dem Klangregisseur Florian Bogner eine Abfolge von Szenen, die sich emotionslos mit Entweihung, Kunst und Blasphemie auseinandersetzen. Die Bilder changieren zwischen dem Bewegungsmaterial der beiden Aktionen, die dem Publikum mit Kommentaren erläutert werden. Obendrein trägt die sakrale Atmosphäre der Josephskapelle mit ihren knarrenden Bänken zu einer Auseinandersetzung bei, die Fischer auf den Punkt bringt: "Intelligent".
Performance
DeSacre!
Von Christine Gaigg/2nd nature
Josephskapelle in der Präsidentschaftskanzlei