Es geht ihm viel besser. Er hatte sich einen sehr schmerzhaften Hexenschuss zugezogen. Das hatte nichts mit Überforderung zu tun. Sein Probenplan und die Vorstellungsanzahl sind für einen Dirigenten völlig normal. Und er achtet auf seine Ruhephasen.

Stichwort Finanzen: Ihre Rücklagen sind aufgebraucht, eine ausgeglichene Saisonbilanz ist heuer nur dank einer Extra-Zahlung des Bundes (4,2 Millionen Euro) möglich. Wie geht es einem da beim Planen?

Wenn die Subvention nicht angehoben werden sollte, würde dies das Repertoiresystem in Frage stellen. Aber: Dieses System ist gesetzlich verankert. Und wenn man das nicht ändert, wird man uns mehr Geld geben müssen. Wir erhalten nicht einmal halb so viel Subvention wie die Pariser Oper, während wir mehr Vorstellungen spielen.

Und Ihre Einnahmen lassen sich, wie es heißt, nicht mehr steigern.

Wir hatten vor einem Jahr eine Preiserhöhung, und die Auslastung liegt mit 99,19 Prozent auf Rekordniveau. Selbst an "schlechten" Tagen haben wir 98,5 Prozent.

In Wien fand zuletzt eine Tagung von "Opera Europa" statt, auch José Manuel Barroso war dabei. Bringen solche Veranstaltungen etwas?

Ja, wobei: Was sich im großen Raum abspielt, ist vielleicht weniger interessant als das, was im kleinen Rahmen passiert. Man schmiedet gemeinsame Projekte. Ich habe in meinem Büro 20 Treffen mit Kollegen gehabt.

Koproduktionen helfen natürlich beim Geldsparen - aber könnten damit nicht auch regionale Unterschiede schwinden? Sie selbst wurden für Koproduktionen getadelt.

Ja, und das ist sehr ungerecht. Die größten Erfolge dieses Hauses waren koproduziert. Die Zeffirelli- "Bohème", etliche Ponnelle-Arbeiten, ich könnte Ihnen 20 Beispiele nennen! Nur weil es ein paar Journalisten ermüdet, an verschiedenen Orten das gleiche zu sehen, ist das Publikum noch lang nicht in dieser Situation. Für "Traviata" haben wir 185.000 Euro ausgegeben, eine normale Premiere kostet dagegen eine Million. Das ist doch gesund! Letztendlich hat diese Politik dazu geführt, dass wir viele ältere Ausstattungen renovieren konnten.

Gérard Mortier, heute Opernchef in Madrid, findet die Produktionen Ihrer Ära nicht spannend.

Erstens hat er hier noch nie eine Vorstellung besucht, seit ich da bin. Zweitens ist das nur seine Meinung. Meine Meinung ist, dass die Ausstrahlung der Staatsoper nach wie vor groß ist. Gastspiel-Anfragen kommen aus Australien, Südamerika, Südasien; wir könnten fast jede Woche reisen. Und: Alle wichtigen Sänger treten regelmäßig bei uns auf - das kann kein anderes Opernhaus behaupten. Sehen Sie sich allein die Besetzungen der Vorwochen an. Umgekehrt haben wir das "Problem", dass unsere Ensemblemitglieder überall gefragt sind. Überhaupt ist unser musikalisches Niveau Weltspitze: Ich reise viel und glaube nicht, dass es ein Orchester gibt, das so schön spielt, wie es die Wiener Philharmoniker an jedem einzelnen Abend tun. Und von den Inszenierungen her? Es ist eine Mischung, ein Kaleidoskop aus 50 Jahren Operngeschichte. Natürlich gibt es Leute, die nur zeitgenössische Regie sehen wollen. Im Rahmen eines Repertoiretheaters ist das aber nicht möglich. Mir gefällt die Opernwelt, solange sie bunt ist. Ich kenne Mortier seit langem. Er ist Spezialist für solche Deklarationen. Ich lasse ihm diese Spezialität.