
"Was, das Publikum ist schon da?" Erschrocken blickt der Regisseur auf den voll besetzten Saal - zu dumm, man wollte doch noch proben. Schön, dann wird das Publikum vom Dirigenten eben schnell zur Chorprobe eingeteilt. Mit diesem Gag eröffnet die Kinderoper "The Little Sweep" im MuTh. Konzipiert hatten sie Benjamin Britten und Eric Crozier als Teil des Theaterstücks "Lets Make an Opera", das Kindern den Einstieg in die Opernwelt erleichtern sollte.
Eine naheliegende Stückwahl für die Produktionsstätte der Sängerknaben, die im zum Prolog verkürzten Theaterstück sich selbst spielen - eine Gruppe cooler Burschen, die in amikaler Runde mit Regisseur Philipp M. Krenn die Aufführung planen. Das Fehlen von Mädchen im "Männerverein" Sängerknaben kompensiert die jugendliche Johanna Bleiweis mit großem Engagement. In rasantem Tempo werden Rollen verteilt und studiert, und im Handumdrehen ist man mitten im Stück.
Mit der Geschichte vom kleinen Rauchfangkehrer brachten Crozier und Britten das unschöne Phänomen der Kinderarbeit auf die Bühne. Der kleine Sam (Raphael Horvath) wird von den Kindern der reichen Kundschaft aus den Klauen des Rauchfangkehrermeisters Black Bob befreit. In einer ereignisreichen Stunde ziehen Chöre, Ensembles und eine Albtraumsequenz über die Bühne, werden die zweidimensionalen Möbel (Ausstattung: Nikolaus Webern) verrückt, singen die gute Kinderfrau und die böse Haushälterin um die Wette.
Dem Puls der Inszenierung entspricht Brittens rhythmische, das Groteske hervorkehrende Musik, die vom Ensemble im Orchestergraben unter Manolo Cagnin gekonnt zusammengehalten wird - auch wenn die Sänger am Premierentag mitunter Mühe haben, mit dem Tempo der Produktion Schritt zu halten. Deren Charme rührt jedoch vom Identifikationspotenzial. Dass dabei nicht jeder Ton haargenau sitzt, tut der inszenierten Authentizität keinen Abbruch.