Wien. Die Welt im Jahre 2030 ist eine grünere. Eine mit mehr Dachgärten, mehr Windmühlen und weniger Müll. Eigentlich gar keinem Müll. Denn, so erklärt es die Stadtführerin, jeder Abfalleimer ist an das zentrale Mikrotransportsystem angeschlossen, das die weggeworfenen Objekte an die Hersteller zurück und also zum Recyceln freigibt. Der Performance-Parcours "Quartier 2030. Die Stadt sind wir" behauptet die Gegenwärtigkeit einer planeten- und menschenfreundlichen Utopie. Das Publikum wird in Gruppen von Station zu Station geleitet, insgesamt sechzehn Performer sorgen vor der Kulisse des Museumsquartiers Wien für die Darstellung dieser Vision einer besseren Zukunft. So gibt es eine Brücke der Wünsche, an der die Wünsche wirklich wirklich werden, eine Terrasse, von der herab auf sich fröhlich drehende Menschen geblickt werden kann und einen Flur, an dem Gedanken über das bedingungslose Grundeinkommen gebracht werden.

Regisseurin Claudia Seigmann zeichnet eine funktionierende Gesellschaft der Zukunft und verzichtet dabei auf dystopisch, totalitäre Verweise. So tritt die grundlegende Frage umso klarer zu Tage: "Wie wollen wir leben?"

Als neue künstlerische Leiterin am Dschungel Wien, dem Theaterhaus für junges Publikum, will Corinne Eckenstein "Räume öffnen", so das Spielzeit-Motto. Die in Basel geborene Regisseurin und Mitbegründerin von Theater Foxfire war in der Intendanz-Zeit Stefan Rabls schon häufig mit Arbeiten am Dschungel vertreten. Ihre Coming-
of-Age-Inszenierungen "Boys Awakening" und "Blutsschwestern" finden sich ebenso im aktuellen Programm wie Freie Szene-Produktionen (etwa "Genesis Park" von makemake productions ab heute, Mittwoch), neue Kooperationen wie mit dem divercitylab-Theaterlabor und Werkstätten, etwa in Form von Schreibworkshops.

Die Frage, "Wie wollen wir leben?" hat für Eckenstein mit einem handlungsortientierten Interesse an der Welt zu tun. "Was sind unsere Aufgaben in der Welt? Darum geht’s", sagt sie. Und: "Theater für junges Publikum heißt nicht Theater in Kindergröße oder als Kinderteller. Es muss ein Dialog auf Augenhöhe stattfinden."

Am vergangenen Freitag wurde die neue Spielzeit im Dschungel mit gleich zwei Premieren eröffnet. Auf "Quartier 2030" folgte "Running Wild", eine Tanztheater-Produktion für Menschen ab zehn Jahren in der Regie von Eckenstein. Dabei treffen zwei erwachsene Darsteller auf sechs junge und verhandeln die Zwischen-Zeit am Ende der Kindheit, am Anfang des Erwachsen-Seins. Es wechseln sich choreografische Sequenzen mit biografischen Statements ab. "Running Wild" ist eine Produktion, die zwei inhaltliche und formale Anliegen von Eckenstein auf den Punkt bringt.

Inklusives Konzept


Die Zusammenarbeit von Profis und jugendlichen Darstellern als Möglichkeit einer inklusiven Herangehensweise einerseits. Und die Thematisierung eigener Biografie andererseits. "Das schafft Identifikationspotenzial", so die Intendantin. Die real existierende Diversität unserer Gesellschaft könne so auf der Bühne widergespiegelt werden. Theater sei schließlich nicht nur von und für Menschen einer bestimmten Herkunft oder Hautfarbe, Theater soll für alle sein: "Wir sind gemeint!"

Damit sich wirklich alle gemeint fühlen können, wenn es darum geht ins Theater zu gehen, gibt es jetzt eine Kulturpatenschaft. Durch Unterstützungsbeiträge für einzelne Stipendien oder die Übernahme der Kartenpreise für ganze Schulklassen soll kulturelle Teilhabe auch für Kinder und Jugendliche mit geringen finanziellen Möglichkeiten gewährleistet werden. Am Sonntag den 16. Oktober findet zur Unterstützung des Projekts eine Benefizveranstaltung statt.

Zum 80. Geburtstag von Christine Nöstlinger lesen Schauspieler aus ihren Lieblingsbüchern der großen Kinderbuch-Autorin vor. Eckensteins persönliches Lieblingswerk ist übrigens "Lumpenloretta". Ob sie es in den nächsten vier Jahren als künstlerische Leiterin des Dschungels auf die Bühne bringen wird: "Mal sehen. Eine feine Geschichte wäre auch ,Der Zwerg im Kopf‘."