Schauspieler sind Spieler. Was sie an Verletzungen und Schmerzen erlebt haben, können sie auf spielerische Weise reproduzieren und auf der Bühne veröffentlichen. Über das Motiv des Spielens sind sie von der Authentizität des Erlebnisses erlöst. Wenn es funktioniert, können sie auf poetische Weise an ein Gefühl erinnern und etwas beim Publikum auslösen. Für mich ist weniger wichtig, Wirklichkeit abzubilden, als bestimmte emotionale Reaktionen zu erreichen. Slapstick kann dafür ein Vehikel sein.

Inwiefern?

Es mag helfen, sich vor einer bestimmten Grausamkeit der Welt zu hüten, andererseits ist Slapstick selbst häufig grausam. Man durchlebt verschiedene Facetten der Verstellung, bis man an einen Punkt gelangt, an dem spürbar wird: Jetzt ist jemand unverstellt.

Die Komödie wird häufig als schwierigste Bühnenkunst bezeichnet. Was denken Sie?

Schwierig ist ihre brutale Absicht. Man formuliert eine Pointe - und die Zuschauer lachen oder eben nicht. Wir bewegen uns auf einer instabilen Balance zwischen Ausgelassenheit und Disziplin und versuchen der Komik auf verschiedenen Ebenen zu begegnen: Es gibt Momente, die sind bis in die Fingerspitzen durchchoreografiert, weil Pointen eine Frage des Timings sind. Dann wiederum gibt es Momente, wo ich Schauspieler bitte, zu improvisieren und zu extemporieren. Wir nehmen uns die Freiheit, unordentlich zu spielen, pendeln zwischen den Mechanismen des Varietés und des Slapsticks.

Sie kommen aus der ehemaligen DDR, haben vorwiegend in Westdeutschland Karriere gemacht. Inwiefern bewegt Sie die Ost-West-Frage heute noch?

Natürlich ist mir vieles ferner geworden, als noch vor zehn, 15 Jahren. Manches, was ich auf meine Sozialisierung in der DDR zurückführe, bemerke ich heute eher zufällig an mir. Bestimmte Prägungen aus dem Elternhaus legt man eben nicht so einfach ab. Der DDR-Bürger erlebte sich ganz grundsätzlich als politisch denkender Mensch, weil er sich dauernd zu einem politischen System verhalten musste. Auch trifft das Klischee zu, dass die Menschen in der DDR wegen der Mangelwirtschaft viel solidarischer miteinander vernetzt waren, als im Westen. Ich hatte das Glück, dass Wende und Wiedervereinigung zu einem Zeitpunkt kamen, als ich begonnen hatte, meine Theatersprache zu entwickeln. Manche ältere Kollegen hatten hingegen das Pech, dass ihr Theatervokabular, das über Andeutungen und Anspielungen funktionierte, nicht mehr verstanden wurde. Wie ein sorbischer Dialekt, der in Dresden gerade noch, in Wiesbaden aber schon nicht mehr geht.

Zur Person

Andreas

Kriegenburg,

53, begann seine Laufbahn am Theater als Techniker und Tischler, ist seit den 1990er Jahren Hausregisseur an großen Bühnen in München, Wien, Hamburg und Berlin. Seine Aufführungen werden regelmäßig zum Berliner Theatertreffen geladen.